Osterei auf dem Stradun: Dubrovnik-Stadtführer geht viral in Corona-Zeit

Osterei auf dem Stradun

Im Schatten von Corona ging ein Foto von einem Osterei auf dem Stradun in den sozialen Netzwerken viral und schaffte es sogar in die kroatischen Abendnachrichten. Zuvor hatte ich das besagte Bild per WhatsApp als Ostergruß empfangen, denn der Bildautor ist für mich kein Unbekannter. Es handelt sich um den selbständigen Reiseveranstalter Marko Novak, mit dem ich 2019 erfolgreich zusammengearbeitet habe.

In diesem Jahr mussten wir die meisten bereits gebuchten Stadtführungen in Dubrovnik wegen der Coronakrise absagen. Unsere Zukunft im Tourismus ist derzeit ungewiss. Trotzdem haben wir unseren Optimismus bewahrt und nun ein Interview miteinander geführt. Marko plaudert bei unserem Gespräch nicht nur über sein Osterei auf dem Stradun, sondern auch über den Shutdown, Massentourismus und Auswirkungen des Coronavirus auf die Umwelt.

Interview: Osterei auf dem Stradun, Shutdown und Tourismus

Kroatien-Liebe: Die Coronakrise hat Dich zu einem kleinen Star in Kroatien gemacht. Dein Osterei auf dem Stradun, wo normalerweise kein Gras wuchert, ist durch die Presse gegangen. Wie fühlt sich das für Dich an?

Marko: Haha, ein Star bin ich definitiv nicht. Vielleicht fühle ich mich etwas erfüllt, denn es wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass den Leuten dieses Bild solchen Spaß macht, gerade zu Ostern und in dieser Zeit. Als ich mich an dem Nachmittag auf den Weg in die Stadt machte, hatte ich ein spontanes Gefühl. Nach all den sensationellen Schlagzeilen der letzten Tage, von wegen „In Dubrovnik wächst Gras“, habe ich gesagt: Nun werdet ihr noch ein Osterei bekommen! Ein Ei trägt viel Symbolik in sich.

Osterei in den kroatischen Nachrichten
Marko Novaks Osterei im HRT1

Kroatien-Liebe: Was wolltest Du mit diesem Foto bezwecken? Und wo hattest du es ursprünglich gepostet?

Marko: Das Osterei auf dem Stradun hatte ich für meine Mutter, Freunde und Geschäftspartner als Ostergruß fotografiert. Da ich auf Social Media fast gar nicht unterwegs bin, habe ich es auch nirgends gepostet, aber meine Mutter hat es dann auf ihrem Facebook-Profil veröffentlicht. Als ich am Ostersonntag mitbekommen habe, dass mein Ei die Runde macht, habe ich es auch schnell auf meinem Instagram-Profil geteilt.

Mein Kumpel platzte vor Lachen, als er kapierte, dass das Bild von mir ist, denn er hatte es zuvor schon von fünf verschiedenen Leuten als Ostergruß bekommen! Es hat sich schnell herausgestellt, dass viele Mitbürger mit meiner Osterkarte ihren Freunden weltweit frohe Ostern gewünscht haben.

Dass dieses Ei um die Welt gereist ist, beweist vielleicht, wie viel Freude die Menschen damit hatten. So sollte es auch sein, denn es war Ostern, das Fest der Auferstehung. Und das ist die Zeit der Freude!

Dubrovnik ist ja eher eine kleine Stadt, so wurde ich als Bildautor schnell identifiziert. Die lokalen Medien brachten positive Beiträge über das Osterei auf dem Stradun. 🙂 Der Höhepunkt war aber, das Foto in den kroatischen Staatsnachrichten im Wetterbericht zu entdecken. Haha! Alles in allem eine tolle Sache, so wie es sich gehört.

Dubrovnik im Corona-Lockdown
Dubrovnik ohne Touristen, Foto: Marko Novak / Perfect Escape Croatia

Kroatien-Liebe: Wie hast Du Ostern im Corona-Shutdown erlebt?

Marko: Bei uns sind die Einschränkungen nicht zu streng, die Leute nehmen die Maßnahmen trotzdem ernst und verlassen möglichst wenig das Haus. Das geschieht mehr aus Solidarität und Respekt gegenüber unseren älteren Mitmenschen als gegenüber dem Wahnsinn, der uns nun schon seit einem Monat in den Medien morgens, mittags und abends vorgegaukelt wird.

Der lokale Zivilschutz hat hier eine wichtige Aufgabe übernommen und hilft mit, dass möglichst alles seinen normalen Lauf der Dinge hat. Viele Menschen verbrachten Ostern in Bewegung in der Natur, aber alles in kleinen Gruppen und mit Abstand.

An dieser Stelle möchte ich auch unser gesamtes Krankenhauspersonal und alle Befugten loben, die bis jetzt mit allen organisatorischen Sicherheitsvorkehrungen hervorragend diese Situation meistern. Das gibt den Menschen hier ein gutes Gefühl.

Dubrovnik war zum diesjährigen Ostersonntag wirklich menschenleer. In der Kathedrale wurde der Gottesdienst ohne Besucher abgehalten und im Fernsehen übertragen, damit alle von daheim teilnehmen konnten.

So schön und ruhig sich mir die Stadt in all ihrem Glanz die Tage zuvor auch präsentiert hatte, weckte Ostersonntag ein schauriges und mulmiges Gefühl in mir. Denn was ist Dubrovnik ohne seine Bewohner???

Dubrovnik menschenleer
Altstadt von Dubrovnik im Lockdown, Foto: Marko Novak / Perfect Escape Croatia

Kroatien-Liebe: In der Zeit vor Corona hast Du als Stadtführer in Dubrovnik gearbeitet. Jetzt sind Deine Einnahmen durch diese Arbeit komplett weggefallen. Wie hältst Du Dich in diesen Zeiten über Wasser?

Marko: Eine gute Saison liegt hinter uns allen in Kroatien und als Unternehmer wird man auch kurzzeitig drei Monate bis Ende Mai vom Staat unterstützt. Nur dürfte diese Situation nicht länger andauern. Als selbständiger Stadtführer und kleiner Reiseveranstalter habe ich mich 2017 endlich nach 17 Jahren Tourismuserfahrung alleine auf den Markt getraut. Wie es nun scheint, ist das alles über Nacht für eine ungewisse Zeit weggebrochen. Auf die Frage, wie es mir nun als Selbständiger geht, lautet meine Antwort gerade: Es ist für mich eine Herausforderung und ich fürchte mich nicht vor Neuanfängen.

Kroatien-Liebe: In Dubrovnik boomte vor der Krise der Massentourismus. Hat sich Euer Alltag entspannt, seit die Menschenmengen zu Hause bleiben?

Marko: Ja. Nach der Kriegserfahrung in den 90er Jahren war den Menschen hier irgendwie im Hinterkopf bewusst, dass der Tourismus auf wackligen Beinen steht. Besonders wenn der Markt des Massentourismus alles mit sich reißt, schwimmt vieles zu leicht mit und die Unternehmer haben ein trügerisches Gefühl von Erfolg und Sicherheit. Gegenüber unseren Besuchern habe ich oft über Themen wie Tourismus und Nachhaltigkeit gesprochen.

Coronakrise in Dubrovnik
Dubrovnik in der Coronakrise, Foto: Marko Novak / Perfect Escape Croatia

Kroatien-Liebe: Hast du den Eindruck, dass sich das Meer und die Landschaft vom Overtourism erholen?

Marko: Absolut! Nun sind all diese „umweltfreundlichen“ Riesenkreuzfahrtschiffe, wo sie hingehören. Wir werden erst noch erleben, welche Auswirkungen dieser Stopp auf die Umwelt hat. Die ersten Zeichen haben wir schon vor einem Monat gesehen, als nach einer Ewigkeit endlich wieder eine Herde Delfine hier im Dubrovniker „Fluss“ Fische jagte. Ein zweistündiges Spektakel!

Kroatien-Liebe: Hast Du vor, nach Aufhebung des Shutdowns weiter im Tourismus tätig zu sein? Wenn ja, planst Du Änderungen in Deinem Angebot?

Marko: Natürlich habe ich das vor, denn mein Konzept und Wunsch ist es immer gewesen, unseren Besuchern ein authentisches Dubrovnik und das wahre Gesicht von Kroatien zu zeigen. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Ich hoffe, dass die Normalität bald in unser Leben zurückkehren wird. Nach diesen düsteren Tagen brauchen die Leute mehr Freude und Spaß denn je!

Kroatien-Liebe: Dann freue ich mich schon sehr auf unsere weitere Zusammenarbeit nach Corona. Bis dahin bleib gesund! (as)

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Autor

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Annika Senger
Annika Senger ist Gründerin und Chefredakteurin des Reise- und Kulturportals Kroatien-Liebe. Die passionierte Bloggerin und Reisevermittlerin interessiert sich für Reisen, Musik, Literatur, Sprachen, Kochen und Fotografie.
Adresse: Berlin, Deutschland

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