Party-Tourismus in Hvar: ein übles Fallbeispiel

Party-Tourismus Hvar

Eine grüne Insel in Dalmatien, die für ihre Lavendelfelder, glasklares Meerwasser und über 2.700 Sonnenstunden im Jahr bekannt ist – eigentlich ein Paradies, sollte man meinen. Die Kehrseite der Medaille: das Thema Party-Tourismus Hvar. Was diese Entwicklung für die traditionelle Inselkultur und die traumhafte Natur bedeutet, bekomme ich in Hvar auf Hvar wahrscheinlich nur im Ansatz mit – aber auf eine Weise, die wirklich besorgniserregend ist, mich traurig und wütend macht!

Schon vor Mitte Juni platzt der malerische Inselort Hvar vor Touris aus allen Nähten. Der Großteil kommt aus den USA und Großbritannien, wie man an der Sprache leicht erkennt. Kroatisch hört man in der Altstadt wenig und im Hafen stauen sich Boote, finden kaum noch einen Platz zum Anlegen. Inmitten dieser Szenerie fühle ich mich mies gelaunt und bedrückt. Dieses kroatien-typische Gefühl, mit mir selbst im Einklang zu sein, hat sich auf Hvar total verflüchtigt!

Ausflugsbuchung bei Fontana Tours

Glücklicherweise verbringe ich in Hvar nur eine Nacht, habe am nächsten Morgen aber noch viel Zeit, bis die Fähre nach Lastovo in See sticht. Also schaue ich mich bei den örtlichen Tour-Veranstaltern nach Ausflügen um und lande an der Riva bei Fontana Tours. Auf die Frage, ob sie auch kürzere Trips verkaufen, die nicht erst um 18 Uhr zu Ende sind, bekomme ich prompt eine positive Antwort.

Ja, ich könnte mich einer Speedboot-Tour zur grünen und blauen Grotte mit Stopps in der Bucht Stiniva auf Vis und Palmižana anschließen. Der Skipper würde mich auch früher nach Hvar zurückbringen, damit ich mein Boot wie geplant erreiche. 400 Kuna soll der Spaß kosten – rund 50 Euro.

Oh, denke ich, das ist günstiger als die Speedboot-Tour, die ich selbst ab Split anbiete. Und als ich sie getestet habe, waren die Grotten wegen Jugo geschlossen. Super-Deal, gekauft!

Party-Tourismus Hvar an Bord gern gesehen

Das Thema Party-Tourismus Hvar habe ich – naiv wie ich wohl bin – nicht einkalkuliert. Ich wähne mich in dem Glauben, das sei auch ein netter Familienausflug wie mein eigenes Angebot. Als ich an Bord des vollgepackten, wesentlich kleineren Speedboots gehe, eröffnet sich mir die ganze Wahrheit. Meine Mitreisenden sind Engländer zwischen 20 und 30, die sich schon vor der Abfahrt Dosenbier und Alko-Pops in die Kehlen ballern. Ich quetsche mich dazwischen und meine Lust auf Geselligkeit fällt unter den Nullpunkt.

Party Tourismus Hvar
Foto: Kroatien-Liebe

Gefährliche Raserei auf dem Meer

Dann beginnt die wahre Tortur: die Bootsfahrt. Eigentlich liebe ich Action, hohe Wellen und Geschwindigkeit. Bei Wildwasserfahrten bin ich sofort dabei. Dieser Ausflug – es weht schon wieder Jugo – entpuppt sich aber als Höllentrip. Das Wasser spritzt von allen Seiten, von hinten, von vorne, man bekommt es in die Augen gefeuert und die Klamotten sind binnen kürzester Zeit bis zur Haut durchnässt. Die Feuchtigkeit ist nur die Spitze des Eisbergs: Der kroatische Captain (ein junger blonder Kerl) legt es darauf an, dass das Boot mehrmals meterhoch in die Luft fliegt und hart auf die Wasseroberfläche knallt.

Saufen, rauchen & kiffen im Boot

Die englische Gruppe bechert fleißig weiter, kreischt ausgelassen und findet das einfach nur geil. Wenn sie nicht saufen, rauchen sie und reichen später einen Joint herum. Die Kippen werfen sie natürlich alle ins Meer. Wie man auf dem Titelbild vielleicht nicht so deutlich erkennen kann, stellen sich zwei Typen bei einem Stopp ans Heck, holen ihre Dödel aus den Boxershorts und pissen bei dröhnender Techno-Musik im hohen Bogen in die Adria. Irgendwo muss man das viele Bier ja lassen!

Grüne Grotte Vis
Foto: Kroatien-Liebe

Party-Tourismus Hvar schwappt nach Vis

Nachdem die grüne Grotte wegen des stürmischen Windes wieder geschlossen worden ist, rasen wir zur Bucht Stiniva auf Vis: ein paradiesisches Stück Strand zwischen zwei engen, steil nach oben ragenden Felsen. Das Wasser leuchtet satt türkis – und stinkt nach Benzin! Davor reiht sich ein Partyboot von Hvar neben das andere, es werden immer mehr und zwischen alledem wird noch gebadet. Meine Mitreisenden springen mit Bier und Alko-Pop-Flaschen ins Meer und geben sich da weiter die Kante. Währenddessen bleibe ich auf dem Boot und dokumentiere das Geschehen mit meiner Handykamera für die Nachwelt.

Party-Tourismus Hvar verbreitet sich nach Vis
Foto: Kroatien-Liebe

Unverantwortliches Verhalten des Captains

Jugo scheint genauso sauer zu sein wie ich und bläst bei der Weiterfahrt noch wütender. Trotzdem brettert der Captain im Selbstmordtempo Richtung Insel Biševo, wo sich die blaue Grotte befindet. Mit tobendem Geschrei zwinge ich ihn zum Stoppen und halte ihm vor versammelter Mannschaft eine Standpauke – auf Englisch, damit es auch der Rest versteht. Kleinlaut meint er, sein Boss habe gesagt, die blaue Grotte sei schon zu, aber man könne es ja versuchen, als letztes Boot doch noch reinzukommen.

Wie bitte? Sein Boss hat gesprochen und was macht er? Wäre ich sein Boss, würde ich ihn hochkant über Bord stoßen und mit dem Rest der Truppe ins All schießen! Stattdessen sage ich ihm deutlich, was ich von ihm und seiner seriösen Agentur halte: dass sie offenbar nur darauf aus ist, Geld zu schneiden, dass er ohne Sinn und Nachgedanken Menschen in Gefahr bringt, ich selbst in dem Geschäft tätig bin und einen sehr ehrlichen Blog-Artikel über diese Machenschaften schreiben werde. Wie ich es nun auch tue!

Palmizana Hvar Kroatien
Foto: Kroatien-Liebe

Plötzlich wird er kleinlaut, macht noch einen Abstecher in den Militärtunnel auf Vis und hechtet mit dem gleichen Affenzahn wie vorher nach Palmižana. Was für ein idyllisches Stück Erde, wären da nicht die vielen Party-Touristen von der größeren Nachbarinsel! Nach so viel Aufregung über das Thema Party-Tourismus Hvar muss ich mich im Meer abkühlen. Als ich mich abtrockne, kann ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Kroatien wird auf Hvar übel verramscht und ich kann nichts dagegen tun – nur am Morgen danach meine Stimme erheben. (as)

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Autor

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Annika Senger
Annika Senger ist Gründerin und Chefredakteurin des Reise- und Kulturportals Kroatien-Liebe. Die passionierte Bloggerin und Reisevermittlerin interessiert sich für Reisen, Musik, Literatur, Sprachen, Kochen und Fotografie.
Adresse: Berlin, Deutschland

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