378 Meter über der Kvarner Bucht thront ein geschichtsträchtiges Städtchen namens Kastav auf einem Berg. Aufgrund der Reste einer Stadtmauer und eines Kirchturms, der aus dem Gesamtkunstwerk herausragt, wirkt das Städtchen wie ein Falke in einem steinernen Nest. Ein schon von Weitem sichtbarer Ort mit Postkarten-Romantik zwischen Rijeka und Opatija, wo sich ein genauerer Blick lohnt.
Berühmtheiten in Kastav
Beschreitet man die steile Straße zum alten Stadtkern von Kastav, fällt der Blick auf eine Gruppe steinerner Büsten. Es handelt sich um die Köpfe kroatischer Berühmtheiten, die entweder in der Stadt das Licht der Welt erblickt haben oder mit ihr verbunden waren.
Ein prominentes Beispiel ist der Schriftsteller Vladimir Nazor. Während seiner zehnjährigen Amtsperiode (von 1908 bis 1918) als Direktor der Lehrerausbildungsstätte von Kastav schrieb er seine ersten Werke in čakavischem Dialekt.
Wenn man ein paar Schritte weiter bergauf geht, stößt man auf die Büste des Komponisten Ivan Matetić Ronjgov. Der Musikwissenschaftler schuf die theoretische Basis für die Istrische Tonleiter, die ihn zu einem Inbegriff für das musikalische Erbe in Istrien machte.
Es folgen Büsten der drei Patrioten Vjekoslav Spinčić, Matko Laginja und Matko Mandić, die auch als „istrisches Trio“ bekannt sind und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für die nationalen, politischen und wirtschaftlichen Rechte der Menschen in der Region kämpften.
Stadtloggia mit Säulen
Sobald man die Allee der Berühmtheiten hinter sich gelassen hat, liegt zur Rechten die offene Stadtloggia mit ihren charakteristischen Säulen. Dieses Bauwerk aus dem Jahr 1571 gilt als besterhaltene Loggia in der Region Kvarner, wo sich in früheren Zeiten Stadträte zu Sitzungen versammelten. Heute wird sie regelmäßig für Veranstaltungen genutzt, zum Beispiel beim Weinfest Bela Nedeja, wo sich Anfang Oktober Menschen amüsieren, zusammen trinken, lachen und tanzen.

Stadttore und Stadtmauer von Kastav
Der offizielle Eingang zur Innenstadt von Kastav ist das südliche Haupttor mit dem Namen Voltica. Bis heute prangt über dem barocken Steinportal ein Wappen mit einem gekrönten Adler, über dessen Flügel die Jahreszahl 1731. Es erinnert seit 1769 an die jesuitische Herrschaft im 18. Jahrhundert. Die Menschen, die damals innerhalb der Stadttore lebten, galten als Bürger. Außerhalb wohnten die verpönten Außenseiter. Heute ist davon nichts mehr zu spüren, denn einige der schönsten Cafés von Kastav befinden sich rund um die Stadtloggia.
Sechs von ursprünglich neun Stadttürmen sind teilweise passabel erhalten und sogar begehbar. In den malerischen engen Gassen innerhalb der mittelalterlichen Stadtbefestigungsanlagen haben sich einige Künstler und Galerien angesiedelt. Wenn man deren Gemälde betrachtet, wird deutlich, wie Kastav mit seinen architektonischen Schönheiten die Kreativität beflügeln kann.

Altstadt mit malerischen Gassen und Plätzen
Ein Beispiel für künstlerische Inspiration ist der kleine mediterrane Platz Lokvina. Da in einem Wasserloch am Platz einst Regenwasser aufgefangen wurde, trägt er seinen Namen – schließlich bedeutet das kroatische Wort „lokva“ Teich.
Nicht immer ein so harmloser Teich wie heutzutage: Im Jahr 1666 haben aufständische Bewohner von Kastav den verhassten Kapitän Fran Morelli darin ertränkt. Nach dem Attentat wurde auf dem Platz ein Gedenkbrunnen mit der eingravierten Jahreszahl gebaut.

Wichtige Kirchen in Kastav
Auf dem Lokvina-Platz steht außerdem seit dem frühen 15. Jahrhundert die Kapella Sv. Trojica mit Fresken von 1483. Mittlerweile wurde dieses Gotteshaus der Heiligen Dreifaltigkeit in eine Galerie umgewandelt. Während des Kastaver Kultursommers haben Künstler der Stadt und aus ganz Kroatien die Chance, in der Kapelle ihre Werke auszustellen.
Auf dem imposanten Aussichtspunkt Fortica ruht majestätisch die barocke Kirche Sveta Jelena, die tagsüber für Besucher geöffnet ist und einigen angesehenen Persönlichkeiten von Kastav die letzte Ruhestätte gewährt. Der bereits aus der Ferne sichtbare Glockenturm aus dem Jahr 1724 ist freistehend, neben ihm weht die kroatische Flagge im Seewind.
Am Rande der Fortica laden mehrere Sitzbänke zum Verweilen und Schauen ein. Solch eine Ruhepause gehört zu einer Stadtbesichtigung von Kastav einfach dazu, weil der Ausblick auf die Riviera von Opatija und das Učka Gebirge bei klarer Sicht atemberaubend ist. Die Silhouetten der Berge, der Himmel und das Meer scheinen am Horizont zu verschmelzen, während die Sonnenstrahlen auf der blauen Adria tanzen.

Beeindruckende Kirchenruine
Die Fortica wirkt wie ein Logenplatz, und es gibt in Kastav noch einen zweiten: die geheimnisvolle Kirchenruine Crekvina – früher die größte Kirche an der Kvarner Bucht. Nicht etwa ein Krieg zerstörte ihre Mauern, sondern mehrere verheerende Erdbeben zwischen 1750 und 1754.
Das mächtige Portal ist jetzt eine Freilichtbühne für Konzerte, Theateraufführungen und Feste. Beispielsweise avanciert Crekvina beim Weinfest Bela Nedeja zum Hauptort des Geschehens, wenn es darum geht, unterschiedliche junge Weine aus der Region Kvarner zu probieren.

Großartige Wandermöglichkeiten
Hinter der Kirchenruine beginnen drei gut ausgeschilderte Wanderwege durch einen idyllischen Laubwald mit mehreren Aussichtspunkten, Picknickplätzen und Info-Tafeln, die in vier Sprachen über Einblicke in die Flora, Fauna und Geschichte des Waldes liefern.
Für Geschichtsinteressierte eignen sich solche Naturerkundungen auch zur Spurensuche. Nach dem Grenzvertrag von Rapallo verlief ab 1920 die Grenze zwischen Italien und dem Königreich Jugoslawien direkt durch den Wald bei Kastav, in dem sich einige verlassene Siedlungen und militärisch wichtige Orte verbergen. Folglich ist eine Besichtigung von Kastav und der angrenzenden Natur ein spannender Streifzug durch unterschiedliche Stationen der kroatischen und europäischen Geschichte. (as)


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