16 türkis leuchtende Seen, die durch sprudelnde Wasserfälle miteinander verbunden sind, Stromschnellen und majestätische Karst-Erhebungen. Ein Naturparadies, das 2017 mit 1,7 Millionen Besuchern einen Tourismusrekord gebrochen hat. Dass die Plitvicer Seen gefährdet sind, wissen wohl die wenigsten Touristen – auch ich nicht, als ich sie 2015 zum ersten Mal besuche und mit den Augen einer Jungverliebten über die Holzstege schwebe.
Die aktuelle Realität hinter dem Landschafts-Phänomen: Im Nationalpark, der 1979 als eines der ersten Naturdenkmäler zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt wurde, fehlt ein modernes, geschlossenes Abwassersystem. Um dem touristischen Massenansturm gerecht zu werden, finden im Park außerdem Abholzungen statt für den Bau von Apartments und Hotels.
Der sogenannte 17. See im Nationalpark
Wie der Bayerische und der Westdeutsche Rundfunk in diesem Jahr vor Ort recherchiert haben, gibt es in Plitvice einen 17. See – eine stinkende Sickergrube mitten im Wald. Da keine Kläranlage existiert, landen dort Abwasser, Müll und Fäkalien, belasten den Boden und das Wasser der Plitvicer Seen. Der örtliche Umweltaktivist Ivica Jandrić sagte dem Bayerischen Fernsehen: „Bis vor kurzem war das Wasser hier eines der saubersten weltweit. Aber die wilde Bauerei hier hat so viel Verschmutzung verursacht, dass man hier nicht länger schwimmen oder das Wasser trinken kann.“
Das Paradoxe: Baden ist in den Plitvicer Seen seit 1991 verboten, damit die Natur vor menschlichem Schweiß und Sonnencreme geschützt wird. Währenddessen landen ungebremst Exkremente aus Ferienunterkünften im sogenannten 17. See. Wie kann das sein, der Bau-Boom und die Umweltverschmutzung?
Plitvicer Seen gefährdet wegen Korruption?
Im Gespräch mit der WDR-Redakteurin Susanne Zdrzalek liefert der Bürgermeister der Gemeinde Korenica, Ante Kovač, eine Erklärung: „In meinem Dorf, das kurz hinter der Grenze zum Nationalpark liegt, ist es ein Problem, wenn ich einen Hühnerstall bauen will. Im Nationalpark wurden dagegen ohne Ende Baugenehmigungen für Apartments erteilt. Wir nennen das selektive Gerechtigkeit. Sie ist charakteristisch für alle Länder des ehemaligen Jugoslawiens.“
Vetternwirtschaft? Korruption? An der Kloake im Nationalpark angekommen, behauptet der Bürgermeister sogar, dass der kroatische Staat selbst die Gesetze breche. Eine Tatsache, die die Zuschauer in Deutschland wahrscheinlich nicht verstünden.
Rückkehr zu einem sanften Tourismus vonnöten
Um die Unterkünfte für Touristen mit frischem Wasser zu versorgen, werde das Flüsschen Plitvica illegal angezapft. Umweltschützer Ivica zeigt ein Video einer solchen Wasserleitung.
Wohin soll dieser Run auf die Plitvicer Seen noch führen? Im Jahr 2017 hat der Tourismus in Kroatien bereits Rekordzahlen geschrieben, 2018 wird der Rekord mit hoher Wahrscheinlichkeit noch getoppt. Der Nationalpark ist nicht auf Massen ausgelegt, Beschränkungen der Besucherzahlen gibt es keine. Wie meine eigenen Beobachtungen zeigen, haben sich schon Mitte März asiatische Reisegruppen mit Selfiesticks über die Holzstege gequetscht. Möglichst schnell mit so vielen Fotos wie möglich – die Natur wird konsumiert wie ein Stück Pizza oder ein Burger von McDonalds!
Ob es die meisten dieser Menschen interessiert, dass die Plitvicer Seen gefährdet sind? Schert sich das Gros der Besucher wirklich für die Natur oder frönt es nur dem Konsum wie in einer Shopping Mall? Tourismus-Unternehmen werden sich in naher Zukunft Gedanken machen müssen, ob sie sich weiter vor den Karren der Umweltzerstörung spannen lassen möchten … (as)
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