Diese Stadt vor den Toren von Zagreb ist zwar klein und doch so viel: Karnevalshochburg, Heimat der Kremšnite (sprich: Cremschnitte) oder Schauplatz einer romantischen Begegnung auf der Leinwand. Samobor liegt näher an der slowenischen Grenze als an der 20 Kilometer entfernten kroatischen Hauptstadt.
Bis 1979 verkehrte ein Bummelzug zwischen den beiden Städten, der sogenannte Samoborček. In der Kultkomödie Tko pjeva, zlo ne misli (zu Deutsch: Wer singt, denkt nichts Böses) spielt diese Schmalspurbahn eine Rolle, denn ein Sonntagnachmittagsausflug mit ihr stellt das Leben der Zagreber Familie Šafranek gehörig auf den Kopf.
Samoborček – Linienbus ab Zagreb
Dieses romantische Stück Nostalgie bleibt mir verwehrt, weil ich einfach zu spät geboren wurde. Der Samoborček ist jetzt ein Linienbus, der mehrmals täglich Zagreb mit Samobor verbindet – unterschiedliche Linien fahren ab Autobusni kolodvor, Crnomerec und Ljubljanica, eine einfache Fahrt kostet 28 Kuna (etwa 3,80 Euro) und dauert ungefähr eine Dreiviertelstunde.
Die Fahrkarten muss man direkt im Bus lösen, Online-Buchungen sind nicht möglich, ebenso wenig Hin- und Rückfahrkarten auf nur einem Ticket. Es ist nicht mein erster Ausflug in die ehemals „freie königliche Stadt“. Allerdings sehe ich sie am 23. März zum ersten Mal bei Tageslicht.
Hartnäckiger kroatischer Winter
Zugegeben, im Januar 2016 hat mir Samobor bei Dunkelheit wesentlich besser gefallen. An jenem Abend, als ich dort mit meinem Freund Željko zur Kremšniten-Schlacht angetreten war, hüllte noch Weihnachtsbeleuchtung die Altstadt in einen goldenen Glanz und der Schnee passte ganz einfach zur Jahreszeit.
Ein paar Tage vor Ostern friere ich mir fast den Allerwertesten ab, Schneereste halten sich hartnäckig auf den Dächern und in den Gipfeln des Naturparks Žumberak-Samoborsko gorje. Der Himmel ist so grau, dass nicht einmal PhotoShop auf meinen Bildern Frühlingsstimmung vortäuschen könnte.
Die historische Altstadt
Bis ich das Stadtzentrum erreiche, gehe ich mindestens einen Kilometer zu Fuß, denn der Busbahnhof befindet sich am nördlichen Stadtrand. Erst auf dem Rückweg entdecke ich einen Spazierweg am Fluss Gradna, der direkt durch die Altstadt fließt und über den zahlreiche historische, teilweise hölzerne Brücken führen.
Der zentrale Platz ist der Trg Kralja Tomislava (König-Tomislav-Platz), bei wärmeren Temperaturen sicherlich ein beliebter Treffpunkt. An diesem düster eisigen Märztag huschen die Menschen dick eingepackt durch die Straßen, als wollten sie einfach nur der Kälte entfliehen.
Heimat der Kremšnite
Rund um den Marktplatz und in den Gassen haben sich mehrere Cafés angesiedelt, die alle die süße Samoborer Spezialität anbieten – die Kremšnite. Željko meinte mal auf seine typisch direkte, ehrliche Art, ich solle gar nicht erst versuchen, sie selber zu backen. Nirgends gebe es so tolle Kremšnite wie in Samobor und jede Konditorei habe ihr eigenes Rezept.
Er hat Recht: Für diesen Kuchen fehlt mir die nötige Feinmotorik. Zwischen zwei hauchdünnen Blätterteigschichten muss nämlich die Creme untergebracht werden und deren Konsistenz hat locker fluffig zu sein. Genauso wenig würde ich mich an Frankopanska Torta wagen!
Auf meinem Streifzug durch die Altstadt komme ich an einem Café namens Fulir vorbei. Wir erinnern uns noch einmal an den Film „Tko pjeva, zlo ne misli“: Der gleichnamige Zagreber Dandy und Hobbyfotograf verliebt sich in Samobor Hals über Kopf in die verheiratete Ana Šafranek. In dem nach ihm benannten Café beißen mir Schwaden aus Zigarettenrauch in die Nase. Ich lege also den Rückwärtsgang ein und gönne mir am Markplatz ein Stück Kremšnite – ohne den charmanten Herrn Fulir.
Pfarrkirche und Burgruine
Gar nicht verfehlen kann man in der Altstadt die leuchtend gelbe Kirche der Heiligen Anastasia. Sie ist einer meiner wenigen Lichtblicke des Ausflugs. Den Turm mit der grünen Spitze sieht man schon von Ferne, so dass man auf dem Weg vom Busbahnhof einen guten Orientierungspunkt hat.
Vom Samoborer Marktplatz fällt der Blick auf die höher gelegene Burgruine, die ich bei frühlingshaftem Wetter sicherlich besichtigen würde. Ich muss mich aber aufwärmen und tue das für 15 Kuna im Stadtmuseum.
Das Stadtmuseum von Samobor
Einst war es die Villa des Komponisten Ferdo Livadić (1799 – 1879), der im slowenischen Celje geboren wurde und Lieder in kroatischer, slowenischer und deutscher Sprache schrieb. Er war ein Verfechter der kroatischen Unabhängigkeit und schloss sich der Illyrer-Bewegung an. Das Stadtmuseum widmet ihm einen Teil seiner Räumlichkeiten, unter anderem dem bekannten Lied „Još Hrvatska ni propala“ (Noch ist Kroatien nicht gefallen). Der Rest der Ausstellung thematisiert die Geschichte des Städtchens – alltägliches Leben mit Hochrad und ersten motorisierten Zweirädern inklusive.
Zum Abschluss meiner Samobor-Tour zieht es mich in die Werkstatt von Franjo Oslaković, der aus Mehl, Wasser, Zucker und Lebensmittelfarben das in der Region typische Herz Licitar herstellt. Als ich dort ankomme, gibt es nichts zum Werkeln, der Bedarf an Herz-Souvenirs im Laden scheint gerade mehr als gedeckt zu sein. (as)
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