Geheimtipp Lastovo: Zurück zur Natur

Insel Lastovo Kroatien

Im Land der tausend Inseln existieren nach wie vor Orte, wo der Kommerz großer Tourismuskonzerne noch nicht mit fetter Keule um sich schlägt. Lastovo südlich von Korčula ist so eine Insel: Das neun Kilometer lange dalmatinische Eiland in der Gespanschaft Dubrovnik-Neretva hat sich bis heute seine Authenzität bewahrt. So viel weiß ich schon bei meiner Ankunft am 12. Juni von Hörensagen.

Die Überfahrt ab Hvar mache ich mit dem Jadrolinija-Katamaran Judita, der im Hafen von Split in See sticht. Nach einer üblen Begegnung mit britischen Partytouristen bin ich noch total down und beobachte, wie der Strom der ankommenden Touristen in Hvar erst einmal kein Ende nimmt. Nur ein Bruchteil dieser Masse geht dann an Deck, die meisten steigen in Vela Luka auf Korčula aus und die wenigen, die den Lastovo-Fährhafen Ubli als ihr Ziel auserkoren haben, kann ich an einer Hand abzählen.

Überfahrt mit Jadrolinija nach Ubli

Rund zwei Stunden trennen mich von Hvar, als ich auf der bewaldeten Insel mit zahlreichen vorgelagerten Inselchen ankomme. Schon vom Boot aus sehe ich die schmale, asphaltierte Küstenstraße, die zur Bucht von Pasadur führt. Schaffe ich es, meinen Rollenkoffer knapp drei Kilometer hinter mir herzuziehen oder sollte ich Ausschau nach einem Taxi halten? Während ich mich frage, wie ich zu meiner Unterkunft gelange, spricht mich ein Fahrer neben einem roten Minibus an: „Hotel Solitudo?“

Ja, genau da will ich hin! Dass meine Bleibe zur Ankunft jeder Fähre einen motorisierten Transfer schickt, überrascht mich angenehm. Der Fahrer ist ein Kroate namens Anto, der ein bisschen Deutsch beherrscht und sich mir als „Anton aus Tirol“ vorstellt. In Wirklichkeit stammt er aus dem Umland von Zagreb, wohin er am Ende der Saison zurückkehrt. Zwischen April und Oktober chauffiert er Hotelgäste – nun mich und vier Herren aus Österreich, die zurück zu ihrer Yacht in Pasadur wollen. Lastovo ist ein Revier für Segler.

Uvala Pasadur Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

Hotel Solitudo in der Bucht von Pasadur

Nach dem Stress auf Hvar fühlt sich mein neuer Aufenthaltsort an wie eine Belohnung. Das Hotel Solitudo liegt direkt am Ufer der malerischen Bucht mit Blick auf die benachbarten kleineren Inseln. Ein paar tiefenentspannte Hotelgäste kommen gerade mit einem seligen Lächeln auf den Lippen vom Baden. Anto ist so nett, mir nach dem Einchecken meinen Koffer aufs Zimmer zu tragen.

Das verwinkelte Dreisterne-Hotel fügt sich optisch perfekt in die Bucht ein und ist nicht für einen Lift konzipiert. Ich logiere im dritten Stock mit Meerblick. Erbaut wurde es 1981, renoviert vor sechs Jahren, doch bis heute hat es sich einen Hauch von Nostalgie bewahrt. Ein steriles, hypermodernes Interieur würde auch gar nicht zum Charme des Ortes passen. Das WLAN funktioniert nur in der Lobby und im Restaurant im ersten Stock. An beiden Stellen ist man ungestört und hat viel Platz zum Arbeiten.

Hotel Solitudo Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

Ich frage Anto, wie ich am besten ohne Auto die Insel erkunden kann. Es gebe einen Bus auf Lastovo, informiert er mich, allerdings fahre der sehr selten und nicht besonders zuverlässig. Wenn ich möchte, könnten wir zusammen eine Inselrundfahrt machen. Gebongt – ich verabrede mich also mit ihm für den nächsten Morgen.

Vorher gehe ich zum Abendessen in die Konoba des Hotels – die Preise sind moderat, ich bestelle Tomate-Mozzarella und Brot. Das kristallklare Meer, das hier noch intensiver türkis schimmert als an Urlaubsorten mit stärkerem Tourismus, habe ich immer im Blickfeld. Auch morgens auf der Terrasse beim Frühstück, wo die idyllische Aussicht dafür entschädigt, dass die Auswahl am Buffet eher überschaubar ist.

Kristallklare Adria auf Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

Spazierwege & die Caffe Bar Kokolo

Die Uvala Pasadur bietet sich an für lange Spaziergänge im Sonnenuntergang. Hinter einer schmalen Brücke wirkt sie wie ein See mit ein paar Wohnsiedlungen am Ufer. In einigen Häusern werden auch Zimmer und Apartments vermietet. Durchquert man ein Waldstück, kann man bei klarem Wetter bis zur Nachbarinsel Korčula schauen. Es riecht nach Kiefern, Meer und frischen Kräutern – diese wunderbare Duftmischung, die ich in Dalmatien so liebe!

Auf dem wild-romantischen Spazierweg ist man ganz für sich und kann seinen Gedanken nachhängen. Sobald man sich Geselligkeit wünscht, empfiehlt sich ein Absacker in der Caffe Bar Kokolo, die von einer ausgewanderten Münchnerin mit kroatischen Wurzeln betrieben wird. Sie und ihre Familie servieren Cocktails, Weine, Softdrinks und Snacks wie Croissants und leckere Bruschetta.

Das Kokolo ist offenbar ein beliebter Treffpunkt in Pasadur. Während ich einen Cocktail schlürfe und beobachte, wie die Sonne hinter den fein geschwungenen Inseln vor der Bucht versinkt, regen sich am Nebentisch Kroaten über den Massentourismus auf Hvar auf. Zu Recht, aber nun haben sie alle Ruhe der Welt, sich von diesen Machenschaften zu erholen. Trotzdem brodelt in mir eine unterschwellige Angst, dass sie auf Lastovo überschwappen könnten, wenn Jadrolinija ab 2020 die neuen Superfähren einsetzt.

Noch ist das Zukunftsmusik und die Urlauber scheinen sich hier von dem ursprünglichen Inselleben magisch angezogen zu fühlen. Viele Gäste im Hotel Solitudo kommen aus Slowenien, auf den Segelbooten tummeln sich eher Deutsche und Österreicher. 2006 wurde die Insel zum Naturpark erklärt – damit ist sie auch ein Paradies für Wanderer, Radfahrer, Taucher, Abenteurer und alle, die sich zurück zur Natur sehnen.

Lastovo Kroatien
Foto: Kroatien-Liebe

Inselrundfahrt auf Lastovo

Für Outdoor-Aktivitäten habe ich meine Zeit zu knapp bemessen. Nichtsdestotrotz zeigt mir Anto bei unserer Inselrundfahrt eine ganze Menge. Zuerst fahren wir auf den 417 Meter hohen Berg Hum mit dem Hubschrauber-Landeplatz. Am höchsten Punkt der Insel genieße ich eine Panorama-Rundumsicht, bei klarem Himmel könne man im Süden Italien erkennen, sagt mein Inselführer. Es ist recht diesig, doch meine Augen erfreuen sich auch an den Inselchen rund um Lastovo. 46 seien es an der Zahl, klärt Anto mich auf.

Aussicht Hum Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

Hier oben finden wir uns in einer felsigen Landschaft mit Gräsern und niedrigen Büschen wieder. An den Hängen wachsen Weinreben, Oliven- und Obstbäume. Die Insel ist Anbaugebiet für den Weißwein Rukatac und den Rotwein Plavac – beide sollte man mindestens einmal während eines Aufenthalts probieren, wenn man sich für Weine begeistert.

Das hebe ich mir für später auf und fahre weiter zum Aussichtspunkt über Zaklopatica auf der Nordseite, wo ich den Blick über die geschützte Bucht von Lastovnjaci schweifen lasse. Ein Panorama ist beeindruckender als das andere und nirgends ragen Hotelbunker in die Höhe.

Lastovnjaci Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

Anto bringt mich in einige verschlafene Ortschaften wie das Fischerdorf Lučica, das mit seinen 30 Steinhäusern unter Denkmalschutz steht. Zwei Leute stürzen sich ins türkise Nass und haben die Badestelle ganz für sich. Landschaftsmaler wären auf Lastovo sicherlich hoch inspiriert!

Lucica Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

In Sv. Mihovil inspiziere ich die Ruine des ehemaligen italienischen Hafens. Von 1920 bis zum Zweiten Weltkrieg gehörte die Insel zu Italien und hieß Lagosta, heute befindet sich der einzige Fährhafen in Ubli – mit Tankstelle und Supermarkt gleich nebenan.

Ehemaliger italienischer Hafen von Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

Der Hauptort Lastovo

In der Insel-“Hauptstadt“ Lastovo gibt mir Anto reichlich Zeit, mich durch die Gassen treiben zu lassen. Dieser Ort liegt nicht am Meer und bildet ein Gesamtkunstwerk mitten im Grünen. Am Rande haben sich die Post, ein Tourismusbüro und mehrere Cafés angesiedelt, Einheimische trinken gemütlich vor der Tür ihren Kaffee und lassen sich von der Sonne bestrahlen.

Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

In Lastovo-Stadt hat man das Gefühl, dass die Zeit irgendwo stehen geblieben sei. Zwischen teilweise ziemlich verfallenen Gebäuden mit Schornsteinen aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist die Kirche der zentrale Punkt im Ort – eine von insgesamt 46 auf der Insel! Menschen begegnen mir hier weniger als Katzen. Ich lasse den etwas morbiden Charme auf mich wirken und geselle mich dann zu den Kaffeetrinkern.

In den Gassen von Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

Leuchtturm Struga & Skrivena Luka

Durch ein sattgrünes Tal setzen wir den Ausflug fort zum Leuchtturm Struga, einem der ältesten an der Adria. Heute beherbergt er Apartments, die aber zurzeit für Urlauber geschlossen sind. Die Aussicht auf die geschwungene karge Küstenlinie und den Hafenort Skrivena Luka (zu Deutsch: versteckter Hafen) fasziniert mich total!

Leuchtturm Struga Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

Müsste ich mich entscheiden, wäre wohl Skrivena Luka mein Lieblingsfleckchen Erde auf Lastovo, aber die Entscheidung fällt mir echt zu schwer. In unmittelbarer Nähe der Marina für Yachten und Boote gibt es einen Badestrand und ein Restaurant, das Anto wärmstens empfiehlt. Essen werden wir dort nicht, denn mein Fahrer muss bald wieder Hotelgäste in Ubli abholen.

Aussicht am Leuchtturm Struga
Foto: Kroatien-Liebe

Eine überraschende Begegnung

Während ich durch Lastovo marschiert bin, hat er mir überraschenderweise ein Treffen mit dem Direktor des Hotels Solitudo, Željko Kurta, arrangiert. Wenn man stundenlang zu zweit eine Inselrundfahrt macht, plaudert man natürlich miteinander und dabei erwähne ich beiläufig, dass ich Inhaberin von Kroatien-Liebe bin.

Nach einem langen, anregenden Gespräch auf der Hotelterrasse und einer Besichtigung des Fitness-Studios und der Suiten lädt mich Herr Kurta ein zu einer Bootsfahrt am nächsten Morgen.

Marina Skrivena Luka
Foto: Kroatien-Liebe

Einstiges Zentrum der Falknerei

Ein Hotelangestellter steuert das motorisierte Schlauchboot, mit dem wir durch die Uvala Pasadur entlang der Nachbar-Inselchen düsen. Es regnet und unter dem grauen Schleier landen zahlreiche Vögel auf den zerklüfteten Felsen am Ufer. Früher sei Lastovo ein Zentrum der Falknerei gewesen, erzählt mir der geschichtsbewanderte Hotelboss. Erstmalig erwähnt in einem Gerichtsdokument aus dem Jahr 1280, weil jemand einen Greifvogel stibitzt hatte. Dem Dieb wurde daraufhin in Dubrovnik der Prozess gemacht. Heutzutage leben nur noch wenige Falken auf Lastovo, im Naturpark sind jetzt unter anderem Fasane und ungiftige Schlangen beheimatet.

Vogelbrutplätze auf Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

Zwei Militärtunnel aus der Tito-Ära

Nach der Stippvisite an den Felsen entführen mich die beiden in zwei Militärtunnel aus der jugoslawischen Ära nach dem Zweiten Weltkrieg. Kein unbekannter Anblick: Solche Tunnel kenne ich bereits von den Inseln Vis und Dugi Otok. Unter Titos Regierung war Lastovo wie Vis militärisches Sperrgebiet und für Touristen unzugänglich. Mittlerweile träumt Herr Kurta von klassischen Konzerten im Militärtunnel – mit Musikern auf den Betonrändern und Zuschauern auf Booten. Ein bisschen helfe ich ihm, den Traum für einen Moment zu realisieren und trällere eine Arie. Die Akustik im Tunnel ist wirklich phänomenal!

Militärtunnel auf Lastovo
Foto: Kroatien-Liebe

Noch ein letzter Cappuccino, dann heißt es am 14. Juni auch schon Abschied nehmen. Anto bringt mich zur Autofähre nach Korčula und in mir macht sich Wehmut breit. Viel zu kurz bin ich auf der Insel geblieben. Für sportliche Aktivitäten unter freiem Himmel komme ich aber auf jeden Fall wieder!

Ein paar Eindrücke von der Inselrundfahrt seht Ihr in folgendem Video. Es ist ziemlich verwackelt, weil meine Filmerei eine spontane Angelegenheit war und ich mein Stativ im Hotel gelassen hatte. Der Schönheit von Lastovo tut das aber keinen Abbruch! (as)

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Autor

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Annika Senger
Annika Senger ist Gründerin und Chefredakteurin des Reise- und Kulturportals Kroatien-Liebe. Die passionierte Bloggerin und Reisevermittlerin interessiert sich für Reisen, Musik, Literatur, Sprachen, Kochen und Fotografie.
Adresse: Berlin, Deutschland

Kommentare

25. Juli 2019
Nett geschrieben. Der Film am Schluß wird den Schönheiten von Lastovo vermutlich nicht ganz gerecht. War ja auch so angekündigt. Also, am Besten einfach trotz des naja-Videos einmal hinfahren und ein Schöneres filmen.
Annika Senger
25. Juli 2019
Ja, der Film ist schlecht und ziemlich spontan entstanden. Ich hatte in dem Moment kein Stativ dabei. Ende September werde ich aber noch mal hinfahren und was Besseres drehen.

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