Das Museum für kroatische Geschichte in Zagreb sollte man besuchen, wenn man sich für Kroatien und die Geschichte des Landes interessiert. Es befindet sich in der Oberstadt Gornji Grad, etwa 100 Meter vom kroatischen Parlament Sabor und der Markuskirche entfernt.
Von meiner Unterkunft in der Nähe des Ban-Jelačić-Platzes ist es dorthin ein beschaulicher Spaziergang, der mich mitten durch das altehrwürdige Zentrum von Zagreb führt.
Ich gehe am 23. Oktober 2016 ins Museum für kroatische Geschichte – genau eine Woche vor dem Ende der Ausstellung mit dem Titel ’45, die am 10. März eröffnet worden ist.

Eine Ausstellung über Kroatien im Jahr 1945
Matea Brstilo Rešetar, Ana Filep, Nataša Mataušić und Snježana Pavičić haben die Ausstellung im Hrvatski povijesni muzej konzipiert und sämtliche Exponate zusammengetragen.
’45 dokumentiert das letzte Jahr des Zweiten Weltkriegs in Kroatien – nicht nur auf politischer Ebene, sondern auch im Alltag der Menschen sowie in der Kunst, Kultur und Wissenschaft.
Ich registriere sofort: Die Ausstellung richtet sich speziell an Kroaten. Detaillierte Erklärungen neben den Ausstellungsstücken gibt es auf Kroatisch und nur die wesentlichen Fakten wurden ins Englische übersetzt. Das Museum für kroatische Geschichte erwartet wohl nicht so viele interessierte Gäste aus dem Ausland, schlussfolgere ich.

Übergang vom Faschismus zum Sozialismus
Die Exponate stammen aus dem Fundus des Museums, 68 weitere Ausstellungsstücke sind Leihgaben aus kroatischen und ausländischen Museen. Außerdem haben 22 Privatpersonen ihre Erinnerungen aus dem Jahr 1945 beigesteuert.
Die Ausstellung ’45 konzentriert sich in den ersten beiden Räumen auf den radikalen Umbruch von der faschistischen Marionetten-Regierung unter Ante Pavelić zu Titos sozialistischem Jugoslawien. Hier dreht sich alles um die letzten Tage und Verbrechen im „Unabhängigen Staat Kroatien“, dessen „Unabhängigkeit“ von Anfang an eine Farce war: Das faschistische Regime kooperierte in den Kriegsjahren mit Hitler.
Neben Zerstörung und Wiederaufbau brachte des Kriegsende Agrar- und Währungsreformen mit sich. Eigentumsrechte wurden umstrukturiert und eine neue Form der Unterdrückung unter dem roten Stern dominierte schließlich das Alltagsgeschehen.
Das Leben der kleinen Leute in Kroatien

Apropos Alltagsgeschehen: Das Museum für kroatische Geschichte in Zagreb beleuchtet auch das Leben der „kleinen Leute“ in Kroatien.
Wie in Deutschland wurden Lebensmittel 1945 knapp rationiert. Man sieht beispielsweise einen original Küchenschrank mit Geschirr, Bestecken, Spielen und Blechdosen für Gewürze und Marmelade. In den Schubladen liegen Bögen mit Lebensmittelmarken, die gegen eine bestimmte Ration an Essen eingetauscht werden konnten.
Ähnliche Erinnerungsstücke kenne ich von meinen Großeltern: Sie haben 1945 in Deutschland erlebt.
Zum Alltagsleben gehören natürlich ebenfalls Kleidungsstücke. So bietet die Ausstellung einen Einblick in die Mode des letzten Kriegsjahres in Kroatien: Anzüge für den Herrn oder schlichte Blusen und Röcke für die Dame.

Kultur ’45: Film, Theater, Kunst, Musik & Literatur
Der dritte Teil der Ausstellung lässt die Besucher ins kulturelle Leben 1945 eintauchen. Partisanen-Malerei zeigt teils grausame Kriegsszenen, während der deutsche Film mit Stars wie Marika Rökk vor russischen Kriegsdramen weichen musste.
Aus einem Grammophon ertönt ein schwülstiges Liebeslied, passend zu den eher unpolitischen Stücken auf dem Spielplan des kroatischen Nationaltheaters in Zagreb. Hier wurde 1945 eine Art Japan-Kult zelebriert. Wenn man in dem Zusammenhang daran denkt, dass im August ’45 Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki fielen, gerät man ins Schaudern.
Neben Ablenkungsmanövern vonseiten der Unterhaltungsindustrie erhoben kroatische Literaten wie Radovan Ivšić ihre Stimmen gegen den Krieg. Ich übersetze:
Ihr sagt: Bombe
Ich sage Euch: Apfel.
Lieb ist Euch das Blut,
mir das Wasser und ein Lachen:
mit Euch spiele ich nicht.
Einfache, aber treffende Worte mit einer bis heute währenden Aktualität!

Museum für kroatische Geschichte montags geschlossen
Im Untergeschoss des Museum läuft auf einem Bildschirm eine Präsentation mit dem Titel „Der Zweite Weltkrieg in Europa und Kroatien“. Auf einer Europa-Karte wird demonstriert, wie die Nazis ein Land nach dem anderen eroberten und dann von den Alliierten und der Roten Armee geschlagen wurden.
Lieber hätte ich im Hrvatski povijesni muzej eine Ausstellung mit einem breiteren geschichtlichen Spektrum über Kroatien erlebt. Da ich allerdings bei meinem ersten Städtetrip nach Zagreb vor verschlossenen Türen stand, nehme ich bei meinem zweiten Besuch einfach mal in Kauf, dass nur das Jahr 1945 unter die Lupe genommen wird und nicht Kroatien von der Steinzeit bis in die Gegenwart.
Das Museum für kroatische Geschichte ist nämlich montags geschlossen! Nun bin ich gespannt, was für eine Ausstellung mich beim nächsten Mal erwartet, falls ich dann wieder Lust auf Museen bekomme. (as)
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