Hättet Ihr gewusst, dass Pula und Rom beide auf sieben Hügeln errichtet worden sind? Nein? Ich auch nicht, bevor es mir Stadtführer Dejan am 11. März erzählt. Wir treffen uns auf der Steintreppe des berühmten Amphitheaters, das als das sechstgrößte der Welt gilt.
Auch wenn das um Christi Geburt errichtete Bauwerk (von den Einheimischen „Arena“ genannt) nur noch aus Teilen der Außenfassade besteht, bekommt man eine Ahnung, dass dieser Schauplatz für Gladiatorenkämpfe zu Zeiten der alten Römer noch viel monumentaler gewesen sein muss als anno 2017. Damals passten 23.000 Besucher in das Theater: Die Plebs mussten ganz oben sitzen und die Schickeria (die Patrizier) hatte eine Ehrenloge.
Der Besuchermagnet von Pula
Das Aufeinandertreffen der Gladiatoren wirkte auf die Menschen im Umland von Pula wie ein Magnet. Innerhalb der Stadtmauern lebten zu Zeiten des Römischen Reiches nur rund 6.000 Einwohner – also bei weitem nicht das Fassungsvermögen der Arena! Heute sind es knapp 60.000 und als Besucher zahlt man für die Besichtigung 50 Kuna Eintritt (etwa 6,50 Euro).
Dass das Amphitheater als Fragment erhalten geblieben ist, hat einen einfachen Grund: Im Mittelalter benötigte die Bevölkerung von Pula Baumaterialien. Was bot sich also besser an, als Steine aus der Arena zu klauen?
Ein architektonischer Multikulti-Mix
Apropos bauen: In Pula sticht ein architektonischer Multikulti-Mix ins Auge. Hier trifft das alte Rom auf italienische, österreichisch-ungarische und jugoslawische Baukultur. Da Istrien zwischen dem Ersten und dem zweiten Weltkrieg zu Italien gehörte, findet man auch das eine oder andere Bauwerk des faschistischen Mussolini-Regimes.
Wie Dejan aber verlauten lässt, hätten die Bewohner den „Duce“ einmal während einer Rede ausgepfiffen. Bis heute seien die Menschen in Istrien politisch eher links orientiert, so dass extrem heimatbezogene Musiker wie Thompson eher nicht in der Arena auftreten werden …
Wenn wir schon einmal beim Thema sind: Das Amphitheater ist im Sommer ein beliebter Austragungsort für Konzerte, Opernaufführungen oder das Pula Film Festival. Hier rocken Super-Acts wie die 2CELLOS oder die Zagreber Band Parni Valjak.
Eine Etage tiefer gibt es einen Ausstellungsraum voller archäologischer Ausgrabungsstücke. Bei den meisten handelt es sich um unten spitz zulaufende Amphoren für Wein und Olivenöl.
Super Aussicht über Pula beim Kastell
Archäologen dürften Pula wahrlich als Paradies empfinden: Überall in der Stadt entdeckt man Überbleibsel aus der Römerzeit. Die alte römische Stadtmauer befindet sich ungefähr zwei Meter unter der Mauer aus dem Mittelalter und unterhalb des Kastells wird zurzeit das römische Theater restauriert.
Das Kastell auf einem Hügel in der Altstadt ist der beste Platz für einen Rundumblick über Pula. Man schaut direkt auf die Arena, das römische Theater und die Hafenanlagen – ein guter Ort, um Panoramafotos zu schießen.
Ist man dort oben angelangt, empfiehlt sich ein Spaziergang um die gesamte Anlage mit ihren dicken Festungsmauern. Ins Innere des Kastells kommt man für 20 Kuna (knapp drei Euro). Es beherbergt das Geschichtsmuseum der Stadt.
Ausstellungen im Geschichtsmuseum
Eine der Ausstellungen im Povijesni muzej widmet sich dem Zweiten Weltkrieg und Titos Partisanenbewegung. Eine andere beleuchtet den Eisenbahnbau in Istrien. Besonders eindrucksvoll sind die Fotografien aus dem Jahr 1875: Der österreichische Fotograf Josef Löwy (1835 – 1902) dokumentierte den Ausbau der Eisenbahnlinie Divazza-Pola mit 25 Bildern. Ich bin echt verblüfft über die gestochen scharfen Aufnahmen dieser Fotoserie aus dem 19. Jahrhundert!
Es war für Pula ein Jahrhundert des Fortschritts. Zwischen 1800 und 1900 baute die K.u.K-Monarchie, was das Zeug hielt. Die Stadt außerhalb des Altstadtkerns sei ein Produkt des österreichisch-ungarischen Baubooms, erklärt Dejan.
Kirchen, Tempel & ein römisches Mosaik
Wir wandeln bei unserem Stadtrundgang weiter auf den Spuren der alten Römer: Eine davon ist das Rimski mozaik (zu Deutsch: Römisches Mosaik) aus dem zweiten Jahrhundert nach Christi. Es zeigt die brutale Bestrafung der Dirke, die von den Zwillingen Amphion und Zaetos an die Hörner eines wütenden Stieres gebunden wird. Das Mosaik ist ein Zufallsfund. 1959 wurde es beim Bau eines Hauses freigelegt. Wie viele weitere römische Mosaike unter der Altstadt noch begraben liegen, lässt sich also nur erahnen!
Sämtliche Sehenswürdigkeiten in der Altstadt von Pula sind auf engen Raum konzentriert. Mindestens einmal sollte man über das Forum flanieren. Dieser Platz (Trg Republike) erinnert an eine italienische Piazza, wo man in einem der Straßencafés genüsslich chillen kann.
Links neben dem Rathaus wird man ins alte Rom versetzt. Der Augustustempel aus dem Jahr 14 nach Christi hat seine Zeit überdauert. Mit seinen sechs korinthischen Säulen und schmuckvollen Steinmetzarbeiten erweckt er Ehrfurcht vor seinen Baumeistern.
Vom Forum schlendert man nur wenige Minuten zur Kathedrale, die innen restauriert wird und zur Franziskanerkirche Sv. Franje. Kirchen gibt es also in Pula en masse.
Zlatna Vrata & James Joyce
Mein persönlicher Lieblingsort ist der Triumphbogen der Sergier, den die Einheimischen als Zlatna vrata (zu Deutsch: die goldene Tür) bezeichnen. Wie Matthias Koeffler und Matthias Jacob in ihrem Kroatien-Reiseführer schreiben, soll der acht Meter hohe Bogen schon Michelangelo fasziniert haben.
Entstanden ist das Bauwerk in der Zeit um Christi Geburt. Salvia Postuma Sergia hatte es zu Ehren ihres Mannes und ihrer Brüder in Auftrag gegeben. Nach meiner Ankunft trinke ich gleich einen Cappuccino im Café Uliks neben der Zlatna vrata und einer Bronzestatue des irischen Schriftstellers James Joyce. Der Ulysses-Autor hatte in Pula einige Monate Englisch unterrichtet, bevor er wieder das Weite suchte. Die Stadt gefiel ihm ganz und gar nicht!
Pula bei Nacht
Bei Dunkelheit kommen der Sergier-Bogen und das ockerfarbene Gebäude rechts daneben wunderschön zur Geltung. Dank der Beleuchtung strahlt Zlatna vrata tatsächlich golden.
Meinen nächtlichen Spaziergang setze ich fort Richtung Amphitheater. Auch wenn man die Arena nur noch von außen betrachten kann, ist die abendliche Illumination der Fassade ein tolles Erlebnis. Ich empfehle auf jeden Fall eine Kamera mit Nacht-Objektiv!
Leider liegt die Riva von Pula an einer befahrenen Autostraße. Während man in Rovinj oder Split an einer Uferpromenade voller Bars, Cafés und Restaurants bummeln kann, hat man in Pula immer fahrende Autos an seiner Seite.
Um trotzdem abends Menschen ans Ufer zu locken, werden die Kräne auf der Hafeninsel Uljanik bunt angestrahlt. Im Sommer steigen dort auch Partys.
Bootsausflüge ab Pula
Bei Tag ahnt man schon, wie viele Ausflugsboote an der Riva von Pula in See stechen – sei es nach Rovinj, zum Nationalpark Brijuni oder zum Kap Kamenjak an der Südspitze von Istrien. Im März liegen die Schiffe noch alle eingemottet da. Ich schlendere an ihnen vorbei und lausche dem Lachen der Möwen. Wenn ich im Juni zurückkehre, herrscht hier mit Sicherheit schon mehr touristischer Trubel. (as)
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