Ich tue es schon wieder! Auf der Suche nach Weihnachtstraditionen, die mich glücklich machen, habe ich vor zwei Jahren Advent in Zagreb und die Weihnachtsgeschichte der Familie Salaj für mich entdeckt. Auch in diesem Jahr feiere ich das „Fest der Liebe“ zweieinhalb Wochen früher in Kroatien. Natürlich darf bei diesem Kurztrip nach Zagreb Salajland 2018 auf keinen Fall fehlen!
Zum 17. Mal in Folge hat Familie Salaj auf ihrem Hof im Dorf Grabovnica ihre ganz persönliche Weihnachtsgeschichte kreiert: mit grellbunten Licht-Installationen, die man sowohl gruselig als auch genial finden kann. Dieses Gesamtkunstwerk erstrahlt gefühlt in der Mitte von Nirgendwo. Wer sowieso auf dem Weihnachtsmarkt in Zagreb verweilt, kann den Besuch ganz einfach mit Salajland verbinden.
Mit dem Tin-Express von Zagreb nach Salajland
Wie bereits in den Vorjahren entführt Euch freitags und samstags der Weihnachtszug Tin-Express in die farbenfrohe Traumwelt. Fahrkarten erhaltet Ihr für 95 Kuna (Kinder zahlen fünf Kuna weniger) am Schalter am Glavni kolodvor, dem Zagreber Hauptbahnhof. In diesem Ticket ist alles inklusive: die Hin- und Rückfahrt mit der Bahn nach Ivanić Grad, die Weiterreise mit dem Bus, Kekspakete für die Kids und der Eintritt ins Salajland. Trotz leichter Verteuerung ein fairer Preis von umgerechnet rund 13 Euro!
Der 7. Dezember ist ein Freitag – um 16:17 Uhr tuckert der Tin-Express am Glavni kolodvor los. Inmitten von Weihnachtskugeln, Tannenbaum-Girlanden und Lichterketten schallen gefühlvolle kroatische Weihnachtslieder durch den Zug, der mir im Vergleich zu 2016 und ’17 ziemlich leer vorkommt.
Der Weihnachtsmann hat seinen Assistenten Knecht Ruprecht zu Hause gelassen. Er wirkt auch recht zurückhaltend, nachdem er im vergangenen Jahr gut gelaunt durch den Gang stolziert ist und die Passagiere mit flotten Sprüchen unterhalten hat.
Stattdessen kontrollieren zwei Schaffnerinnen mit Rentier-Geweihen und rotweißen Umhängen die Fahrkarten und teilen diesmal den Gästen persönlich mit, dass sie in Ivanić Grad in einen Bus umsteigen müssen und selbiger um 20:20 Uhr Grabovnica wieder verlässt.
Vier Millionen bunte Lichter
Etwa eine Stunde und 20 Minuten dauert die Reise. Dann heißt es Eintauchen in eine Weihnachtswelt aus sage und schreibe vier Millionen Lichtern. Salajland 2018 ist extrem gewachsen: Vor zwei Jahren hatten die Macher noch ihre zwei Millionen Lampen angepriesen, 2017 waren es 500.000 mehr.
Aber ist Salajland 2018 wirklich schöner als zuvor? Wer mich das fragt, bekommt eine ehrliche Antwort: NEIN! Die Gründe erläutere ich später. Widmen wir uns erst einmal den Neuheiten. Links vom Eingang für Busreisende sind neue Spazierwege aus hellem Kies entstanden. Sie schlängeln sich vorbei an den für Salajland typischen Pilzhäusern und führen dann durch einen kunterbunten Lichterwald.
Neuheiten bei Familie Salaj
Eine weitere Neuheit stiftet bei ein paar österreichischen Jugendlichen Verwirrung: Isosov Grob (Jesu Grab). Steigt man die grellweiß illuminierten Stufen zu einer Felsgrotte empor, entdeckt man darin eine liegende Skulptur von Jesus vor der Auferstehung.
„Das verstehe ich nicht“, wundert sich ein Mädel. „Zu Weihnachten geht es doch um die Geburt!“
Die Salajs veranstalten ihr Lichtspektakel inzwischen auch zu Ostern und was passt dazu besser als Jesu Grab? Für die Weihnachtszeit haben sie eine Krippe gebastelt, die ich bereits kenne.
Ebenso die meisten Lichtfiguren, darunter Weihnachtsmänner, Schneemänner und ein Rentierschlitten. Mit Schlümpfen und Zwergen geizt Salajland 2018 ein bisschen. Ich habe mich eh immer gefragt, was die kleinen blauen Gesellen mit Weihnachten am weißen Hut haben!
Konsumterror in Salajland 2018
Dass eine weibliche Stimme Erklärungen zu dem Weihnachtsmärchen aus Lichterketten abgibt, die Menge der Lampen lobt und Kindern Quiz-Fragen stellt, ist für mich nichts Neues. Dieses Jahr hat sie sich in eine aggressive Marktschreierin verwandelt. Fast ununterbrochen fordert sie die Gäste im Befehlston auf, an den Ständen des hofeigenen Weihnachtsmarktes zu kaufen, im Restaurant zu essen und Fotos von Salajland auf Instagram zu posten. Die meiste Zeit tut sie das auf Kroatisch, hin und wieder auf Englisch. Nach einer Weile hege ich den Wunsch, keine der beiden Sprachen zu verstehen!
Auf dem stark vergrößerten Weihnachtsmarkt der Salajs, wo einst nur lokale Händler hausgemachte Liköre, Honig und Kunsthandwerk verkauften, wird nun außerdem Weihnachtskitsch made in China verramscht.
Wenn meine Finger vom Fotografieren in der winterlichen Kälte ganz klamm waren, habe ich mich gerne im Scheunenrestaurant bei einem Becher Glühwein wieder aufgewärmt. In Salajland 2018 werden dort nur noch Speisen à la Carte serviert. Getränke und Pizza kann man in zwei anderen Schuppen erwerben. Sie haben zwar keine geschlossenen Fenster, dafür aber winddurchlässige Plastikplanen und einige Heizstrahler …
Als ich pünktlich um 20:20 Uhr wieder im Bus sitze, fühle ich mich ernüchtert und weiß längst, dass es 2019 aus meiner Feder keinen Reisebericht über Salajland mehr geben wird. Im Bus dreht der Weihnachtsmann plötzlich zum Entertainer auf und animiert die Mitreisenden zum Singen von Weihnachtsliedern. Später im Tin-Express erklingen sie erneut vom Band – bei romantischer Weihnachtsbeleuchtung, die Lust auf die nächste Bescherung mit gaaaanz vielen Geschenken macht!
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