Šibenik – Kulturreise oder Filmtourismus?

Šibenik, Blick auf die Altstadt

Von Ania Leks. Nachdem ich schon 2016 das Vergnügen hatte, Šibenik zu besuchen, ist es dieses Jahr wieder so weit. Zusammen mit meinem Freund Marco starte ich Ende August eine Tour durch Kroatien. Die wunderschöne kroatische Küstenstadt ist eine der vier Stationen auf unserer Reise. Obwohl die Hauptsaison sich schon dem Ende zuneigt, bin ich sehr überrascht, wie viele Touristen sich noch hier aufhalten. Drei Jahre zuvor war in den charmanten Altstadt-Gassen um die gleiche Zeit spürbar weniger los.

Woran liegt das wohl? Früher stand die Stadt doch eher im Schatten von bekannteren kroatischen Städten wie zum Beispiel Split oder Dubrovnik. Trotzdem kann diese Stadt heute längst nicht mehr als Geheimtipp bezeichnet werden. Zudem ist Šibenik seit 2017 um eine sehr bedeutsame Auszeichnung reicher: Neben der Kathedrale Sv. Jakov gehört nun auch die Festung Sv. Nikola zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ist das womöglich der Grund für den ansteigenden Tourismus? Ich habe mich auf die Suche nach der Antwort gemacht.

Schönster Ausblick von Šibenik am Stadtstrand Banj Plaža

Zugegeben, die erste Nacht in Šibenik ist etwas abenteuerlich. Da wir morgens noch in Rovinj gefrühstückt und nachmittags einen Zwischenstopp in Senj am Meer eingelegt haben, kommen wir erst um 23 Uhr in der Nacht an. Leider zu spät, um spontan noch eine Unterkunft zu suchen. Auf dem Parkplatz über dem Stadtstrand, dem Banj Plaža, stellen wir das Auto ab und spazieren noch eine Weile am Meer entlang, um uns zum Tagesabschluss in der Beachbar Petrus einen Drink zu gönnen.

Nach der unbequemen Nacht im Auto ist das Erwachen am frühen Morgen umso schöner. Nur ein paar Schritte vom Parkplatz entfernt gibt es eine Aussichtsplattform, von der man einen super Blick auf den Hafen und die Altstadt hat.

Steinmetz-Arbeiten an der Kathedrale Sv. Jakov, Foto: Mystyleisland

Hafenpromenade und Kathedrale

Ein schmaler Fußweg entlang des Hafens führt uns vom Strand bis zur Altstadt. Hier läuft man geradewegs weiter auf die bekannte Hafenpromenade. Obwohl es einige Möglichkeiten gibt, in die lang gezogene Altstadt hinaufzusteigen, wird man wie magnetisch von der großen Katedrala Sv. Jakova angezogen. Über die breite, leicht geschwungene Treppe gelangt man nach oben vor den Kirchplatz. Wenn Ihr Euch an dieser Stelle beobachtet fühlt, könnte das vielleicht an den 70 Steinköpfen liegen, welche die Fassade der Kathedrale zieren. Am ganzen Bauwerk haben die Steinmetz-Meister ihr Kunsthandwerk verewigt.

Im Anschluss an das prächtige Gotteshaus beginnt die Fußgängerzone Ulica Kralja Tomislava. Irgendwann wird man sich aber in den engen, charmanten Gassen verlaufen, weil immer wieder interessante Ein- und Ausblicke die Neugierde wecken. Ein kleiner Marktstand mit kroatischen Spezialitäten rechts, eine geheimnisvolle Treppe links… Wir entscheiden uns jedoch erst einmal für ein Frühstück im Restaurant Medulić, um uns danach gestärkt auf die Suche nach einer „richtigen“ Unterkunft zu machen.

Marktstände in Šibenik, Kroatien
Marktstände in Šibenik, Foto: Mystyleisland

In der prallen Sonne nach einem freien Apartment zu suchen, ist schon eine Herausforderung. Alle Privatunterkünfte sind zu diesem Zeitpunkt tatsächlich belegt. Erst durch den Tipp eines netten Fußgängers, den wir auf der Straße angesprochen haben, werden wir fündig. Mit der liebevollen Vermieterin Silvana sind wir sofort auf einer Wellenlänge. Bei einer gemütlichen Plauderei berichtet sie uns einiges über ihre Heimatstadt. Ich frage natürlich auch nach, woher der große Touristen-Andrang so plötzlich kommt.

Sie berichtet, dass die Stadt in der letzten Zeit viel Geld in Hotel-Kapazitäten investiert habe. Früher seien vorwiegend Tagestouristen nach Šibenik gekommen. Ein weiterer Grund für eine Stadtbesichtigung sind natürlich das historische Erbe, die Kirchen und zahlreichen Museen. Erstaunlicherweise erzählt Silvana uns auch von einem aktuellen Filmtourismus, der ein weiterer Publikumsmagnet ist.

Altstadtgassen von Šibenik, Foto: Mystyleisland

Filmtourismus durch Game of Thrones

Die dalmatinische Stadt war neben Split und Dubrovnik Drehort für die fünfte Staffel von „Game of Thrones“, der erfolgreichsten Serie der Welt. Ich muss gestehen, dass ich davon noch keine einzige Folge gesehen habe und erst nach meiner Reise darüber recherchiere. Trotzdem kann ich sehr gut nachvollziehen, warum Filmemacher die Kulissen dieser prächtigen Stadt so lieben.

Auch die Fans der Serie pilgern so zahlreich an die Drehorte, dass sogar spezielle Stadtführungen zu den verschiedenen Schauplätzen angeboten werden. Spätestens seit den Winnetou-Filmen hat Kroatien durchaus Erfahrung mit dem Filmtourismus. Während in den 60er Jahren vor allem die atemberaubende Natur als Filmset diente, stehen bei dieser Produktion die Bauwerke der Städte im Rampenlicht.

Ob man das sogenannte Set-Jetting gut findet oder nicht, sollte jeder für sich entscheiden. Was hätten wohl die drei Architekten Francesco di Giacomo, Juraj Dalmatinac und Niccolo di Giovanni Fiorentino davon gehalten, wenn vor ihrer Kathedrale Fantasy-Filme gedreht werden? Ich persönlich hoffe, dass dieser Hype irgendwann wieder zu Ende geht und davon nicht irgendwann etwas in Geschichtsbüchern zu lesen sein wird. Im besten Fall kommen jetzt vermehrt Touristen und entdecken dadurch die wahren Kulturschätze der Küstenstadt. Mich hat diese Stadt aufs Neue begeistert und hoffe, dass ich bald wieder zurückkommen werde.

Altstadt von Šibenik bei Nacht
Altstadt von Šibenik bei Nacht, Foto: Mystyleisland

Über die Autorin

Ania Leks lebt in Heidelberg und begeistert sich für Reisen und Mode. Ihre Lust auf große Touren erwachte, als sie sich mit 16 in einem Jugend-Camp in Kroatien in die Landschaft, Kultur und Sprache verliebte. Sie entschied sich also, ihr Hobby zum Beruf zu machen und betreibt nun den Reise-, Fashion- und Lifestyle-Blog Mystyleisland.

Autor

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Annika Senger
Annika Senger ist Gründerin und Chefredakteurin des Reise- und Kulturportals Kroatien-Liebe. Die passionierte Bloggerin und Reisevermittlerin interessiert sich für Reisen, Musik, Literatur, Sprachen, Kochen und Fotografie.
Adresse: Berlin, Deutschland

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