Vor einigen Tagen wütete an der kroatischen Adriaküste ein stürmischer Jugo. Die Wetterlage hat sich zwar wieder beruhigt, trotzdem hinterließ der Südwind an zahlreichen Stränden „Souvenirs“. Das berichtet unter anderem das englischsprachige Magazin Total Croatia News und zeigt Beweisbilder, die das katastrophale Ausmaß der Verschmutzung der Adria in Kroatien dokumentieren.
Riesige Felder von Plastikmüll sind an Land geschwemmt worden – ein Anblick, den man wohl eher auf einer Mülldeponie erwartet. Als Privatperson fühle ich mich erschüttert. Als Reisevermittlerin bin ich in einer Zwickmühle. Schon seit ein paar Monaten frage ich mich, wie ich in Zukunft arbeiten will. Wie die Meeresbiologin Dr. Ana Bratoš Cetinić von der Universität Dubrovnik in einem aktuellen Interview erklärt, habe unter anderem der Tourismus in Kroatien den Zustand des Meeres negativ beeinträchtigt.
Verschmutzung der Adria durch Massentourismus
„Mehr Menschen bedeuten mehr Benzin-Konsum und damit verbundene Emissionen, mehr Abfall, mehr Abwasser etc. Außerdem sind die Touristen ungleichmäßig verteilt, sie strömen an die Küste“, sagt die kroatische Wissenschaftlerin gegenüber TCN. „Der touristische Lebensstil verbraucht viel mehr Ressourcen als gewöhnlich. In Bezug auf den maritimen Lebensraum ist es von entscheidender Wichtigkeit, keinen Raubbau an den Ressourcen zu betreiben“, fügt Bratoš Cetinić hinzu.
Mangel an modernen Kläranlagen
Medienberichte schieben die Verschmutzung der Adria durch Plastikmüll häufig auf Albanien. Es gibt aber noch ein zweites Problem, das direkt von den kroatischen Gemeinden ausgeht. „Ohne Zweifel sollten die Kläranlagen in Kroatien stark verbessert werden, denn Abwasser wird in die Umwelt geleitet“, macht die Biologin deutlich und verweist auf Haushalte, die an kein Abwassersystem angeschlossen seien. Als wesentlichen Verschmutzungsfaktor auf dem Meer sieht die Expertin nicht etwa Kreuzfahrt-Riesen, sondern Yachten und kleinere Schiffe, die sich ihrer Fäkalien auf See entledigen. Strenge Kontrollen durch den kroatischen Staat oder lokale Behörden gebe es nicht.
Während ich Ende September an der Riva von Split entlang spaziere, zieht mir ein beißender Fäkal-Gestank in die Nase. Je näher ich dem Wasser komme, desto widerlicher wird er. Was ist faul im Staate Kroatien? Die Antworten auf diese Frage wären wohl Stoff für abendfüllende Diskussionen …
Müssen all die Tourismusrekorde sein?
Aber kehren wir noch einmal zurück zum Thema Tourismus: Fast auf den Tag genau vor vier Jahren kam mir die Idee, andere Menschen an der Schönheit meines Lieblingslands Kroatien teilhaben zu lassen. Außerdem wusste ich, dass ich Ausgezeichnetes leisten könnte, wenn ich mit Liebe zur Tat schreite. Kurz schoss mir der Gedanke durch den Kopf, mich bei der kroatischen Zentrale für Tourismus zu bewerben.
Eine Stimme in mir hielt mich ab. Heute bin ich froh, denn wir hätten wohl kaum zusammengepasst. Seit ich mein Baby Kroatien-Liebe betreue, habe ich den Eindruck, dass für den Tourismusverband nur eines zählt: Zahlen, Zahlen, Zahlen. Jedes Jahr muss der Tourismusrekord vom Vorjahr getoppt werden. Über Umweltbelastungen, die diese Rekorde zwangsläufig mit sich ziehen und die auf lange Sicht dem Tourismus selbst schaden, wird nie ein Wort verloren.
Achtsamkeit im Kleinen üben
Über all das denke ich oft nach. Dennoch werde ich weitere Naturschätze in Kroatien entdecken und Euch inspirieren, das ebenfalls zu tun. Auch wenn ich keine Patentlösung für den Umweltschutz aus dem Ärmel schütteln kann!
Nach wie vor fliege ich zu viel nach Kroatien und kaufe dort Lebensmittel in Plastikverpackung, wenn – wie so häufig – nur letztere zur Auswahl stehen. Wegen der gegebenen Umstände beteilige ich mich als Konsumentin und Abwasser-Produzentin genauso an der Verschmutzung der Adria wie alle anderen Kroatien-Urlauber. Trotzdem haben wir alle im Kleinen die Möglichkeit, achtsam mit den natürlichen Ressourcen umzugehen. (as)
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