Einheitliche Regelung für Bootsführerscheine in der EU? Fehlanzeige!

Einheitliche Regelung für Bootsführerscheine existiert nicht

(Werbung) Wenn du gerade mit dem kroatischen Küstenpatent B liebäugelst, solltest du wissen, dass innerhalb der Europäischen Union keine einheitliche Regelung für Bootsführerscheine existiert. Ein Papier oder Gesetz, das die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, die nationalen Bootsführerscheine untereinander anzuerkennen, gibt es nicht. Während die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates seit dem 20. Dezember 2006 die Anerkennung von nationalen Automobilführerscheinen EU-weit regelt, geschieht dies im Sportbootbereich nur auf freiwilliger Basis.

In einem zuletzt am 22. Mai 2019 aktualisierten Positionspapier forderte der Europäische Sportschifffahrtsverband (EBA) die Europäische Kommission auf, keinen einheitlichen europäischen Sportbootführerschein einzuführen. Stattdessen appellierte der Verband an die EU-Mitgliedsstaaten, die Resolution 40 der Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) sowie das ICC (International Certificate of Competence) anzuerkennen.

IC-Papiere statt einheitliche Regelung für Bootsführerscheine?

Zur Begriffserklärung: Bei einem ICC handelt es sich um einen Versuch von fast nur Binnenländern, ein internationales Zertifikat für das Führen von Jachten herauszugeben. Ein solches kannst du beispielsweise in Österreich bei der viadonau für knapp 120 Euro bestellen – unter Vorlage eines privaten österreichischen Befähigungsausweises auf Basis der nationalen Jachtführung-Prüfungsordnung (JachtPrO). Als Grundlage dient die ICC Resolution 40, die de facto nur von Binnenländern ohne Meerzugang (zum Beispiel Österreich) unterzeichnet worden ist. Mittelmeerländer wie Griechenland, Italien, Spanien und Frankreich haben diese Resolution nicht unterschrieben. Das bedeutet, dass innerhalb der EU kein Anspruch auf Anerkennung des Zertifikates besteht.

Bei dieser Vorgehensweise werden Ungereimtheiten ersichtlich, da die EU bisher konsequent auf eine einheitliche Regelung für Bootsführerscheine verzichtet. Als österreichischer Staatsbürger ist man scheinbar besser beraten, einen kroatischen Bootsführerschein (Küstenpatent B inklusive UKW-Funk) mit Praxisausbildung auf der Adria zu machen. Denn warum Geld in ein ICC ohne 100 Prozent internationale Anerkennung investieren, das man besser für eine solide Praxis ausgeben könnte?

Die Alternative Küstenpatent B stößt offenbar in Österreich auf Ablehnung. Auf Anfrage von Kroatien-Liebe, warum die Alpenrepublik Kroatiens staatliche Küstenpatente nicht akzeptiere, erklärte Dr. Andreas Linhart von der obersten österreichischen Schifffahrtsbehörde:

„Für welches österreichische Küstengewässer sollten diese ausländischen Patente auch anerkannt werden? Selbst wenn man dies außer Acht lässt, könnte man eine allfällige Anerkennungsmöglichkeit nicht auf die Patente eines bestimmten Staates beschränken, sondern müsste für die Patente eines jeden Staates offen sein. Aufwändige Gleichwertigkeitsprüfungen der Anforderungen an diverse ausländische Patente wären die Folge, die unter Umständen zur Feststellung führen, dass das jeweilige Patent den Anforderungen, die Österreich an den Erwerb des Internationalen Zertifikates stellt, gar nicht entspricht.“

Küstenpatent B in Rijeka
Hafen von Rijeka, Foto: Simon Leroyer / Pixabay

Seltsam ist auch, dass Österreich als Binnenland über viadonau vier Patente (Fahrtenbereich 1, Fahrtenbereich 2, Fahrtenbereich 3, Fahrtenbereich 4) für maritime Gewässer ermöglichst. Offiziell gibt es gar keine Patentpflicht für Österreicher am Meer – aufgrund des nicht vorhandenen Meerzugangs. Ermächtigte Vereine nehmen somit Prüfungen im Ausland ab und der österreichische Staat muss sich darauf verlassen, dass sich die Prüfer an die Regeln der JachtPrO halten.

Anstelle dieser Skurrilität ist das Küstenpatent B bei österreichischen Urlaubern in Kroatien heiß begehrt. Nach der bestandenen Prüfung in einem der Hafenämter hält man sofort einen amtlichen Führerschein ohne viel Bürokratie in der Hand.

Machtinteressen auf Kosten der Bootsführer?

Eine Vorgehensweise wie in Österreich wirft folgende Frage auf: Vertreten Vereine, Verbände und Lobbyisten womöglich ihre eigenen Interessen statt die Ziele der Bootseigentümer, Bootsführer und Urlauber? Das Fehlen einer einheitlichen europäischen Regelung für Bootsführerscheine widerspricht dem europäischen Gedanken und dem Prinzip der Freizügigkeit innerhalb der EU. Unter Umständen wird ein Skipper nach dem Übersiedeln in ein anderes EU-Land gezwungen, den Bootsführerschein noch einmal zu absolvieren.

Ein treffendes Beispiel ist der staatliche Umgang mit dem Küstenpatent B in Deutschland: Wenn sich dein erster Wohnsitz auf deutschem Staatsgebiet befindet, hat der sogenannte Boat Skipper B in Deutschland keine Gültigkeit. Bist du im Ausland gemeldet, wird der kroatische Bootsführerschein maximal zwölf Monate anerkannt. Sofern du dich länger als ein Jahr im Bundesgebiet aufhältst, musst du den deutschen Sportbootführerschein erwerben.

Eine detaillierte Auflistung zur Gültigkeit und Anerkennung des kroatischen Küstenpatents findest du im Länderreport Update 2020 von AC Nautik. Darin wird einmal mehr deutlich, dass eine einheitliche Regelung für europäische Bootsführerscheine fehlt und anscheinend nicht erwünscht ist. (as)

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Autor

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Annika Senger
Annika Senger ist Gründerin und Chefredakteurin des Reise- und Kulturportals Kroatien-Liebe. Die passionierte Bloggerin und Reisevermittlerin interessiert sich für Reisen, Musik, Literatur, Sprachen, Kochen und Fotografie.
Adresse: Berlin, Deutschland

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