Insel Veruda: Rückzugsort für Einheimische

Insel Veruda

Seit dem 1. Juni ist der Campingplatz auf der Insel Veruda geöffnet. Das leicht herzförmige Eiland gehört zur Stadt Pula und trägt den Beinamen Fratarski Otok (zu Deutsch: Mönchsinsel). Im 18. Jahrhundert hatten sich dort tatsächlich Mönche in einem Kloster angesiedelt, heute nutzen Einheimische die Insel während der Urlaubssaison als Rückzugsort.

Veruda liegt gegenüber dem Hafen Bunarina, wo im Sommer die beliebte Bootstour zum Kamenjak beginnt. Am 25. Mai, noch vor dem Eintreffen der ersten Gäste, düse ich mit Irena, dem Insel-Verwalter und einem deutschen Reiseunternehmer im Motorboot hinüber. Während der Urlaubssaison gibt es eine reguläre Fährverbindung. Viele Einwohner der Stadt hätten allerdings ihr eigenes Boot, mit dem sie am flexibelsten seien, erzählt mir Irena. Immerhin gingen die Camper tagsüber zur Arbeit und kämen abends zurück. “Hier haben sie ihre Ruhe vor den Touristen-Massen”, betont sie.

Bootssteg auf Fratarski Otok
Bootsanleger auf Veruda, Foto: Kroatien-Liebe

Naturbelassene Insel Veruda

Die Überfahrt nach “Fratarski” dauert keine zehn Minuten. An einem betonierten Steg legen wir an, vor uns erstreckt sich ein mit grünen Bäumen und Sträuchern überwuchertes Stück Land mit nur wenigen hundert Meter Durchmesser. Flach neigt sich der Kiesstrand zum klaren Meer. Ich trage Sandalen mit Absatz, die sich auf dem Waldboden der Insel Veruda als etwas unpraktisch erweisen. Weder existieren asphaltierte Wege noch fahren Autos.

Kiesstrand auf der Insel Veruda
Kiesstrand auf der Insel Veruda, Foto: Kroatien-Liebe

“Hier ist noch alles wie vor 50 Jahren”, erklärt Irena. Auf Strom müssten die Camper verzichten. Handys können nur an einem Generator an der Rezeption aufgeladen werden. Wer nachts mal raus muss aus seinem Zelt, benötigt eine Taschenlampe. Ich sehe einen mit Graffiti beschmierten Wohnwagen und ein vereinsamtes, in die Jahre gekommenes Zelt. Die in Steinhäuschen untergebrachten sanitären Anlagen erwecken den Eindruck, als seien sie vor 50 Jahren gebaut und seitdem sich selbst überlassen worden.

Campingplatz auf der Insel Veruda
Alter Wohnwagen, Foto: Kroatien-Liebe

Felsenbuchten und Schatten unter Bäumen

“Deutsche würden hier nicht campen”, meint meine Begleiterin. “Die wollen mehr Komfort und die Einheimischen können sich die anderen Campingplätze nicht leisten.”
Statt Luxus bekommen die erholungssuchenden Städter naturbelassene Felsenbuchten geboten, wo sie abends bei Kerzenschein den Sonnenuntergang beobachten und tagsüber ungestört baden können. Hier reserviert niemand mit Handtüchern Sonnenliegen und keiner kassiert für Sonnenschirme stolze Preise. Schattige Plätze gibt es unter den Bäumen eh mehr als genug.

Felsenstrand auf Fratarski Otok
Felsenstrand auf Veruda, Foto: Kroatien-Liebe

Deutsche Zeltlager auf Fratarski Otok?

Dass der Reiseunternehmer aus Deutschland bei uns ist, hat jedoch einen ganz bestimmten Grund: Er will für deutsche Jugendliche auf der Insel Veruda Zeltlager organisieren. Angeblich sollen sie lernen, im Einklang mit der Natur zu leben und weniger am Smartphone zu hängen. Ich frage mich: Ist es dafür wirklich notwendig, den einheimischen Campern Zeltplätze wegzunehmen? Kann man solche Jugendcamps nicht genauso gut in der brandenburgischen Provinz organisieren? Warum ausgerechnet Kroatien? Die Antworten haben sicher irgendwas mit Geld zu tun … (as)

 

Autor

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Annika Senger
Annika Senger ist Gründerin und Chefredakteurin des Reise- und Kulturportals Kroatien-Liebe. Die passionierte Bloggerin und Reisevermittlerin interessiert sich für Reisen, Musik, Literatur, Sprachen, Kochen und Fotografie.
Adresse: Berlin, Deutschland

Kommentare

Regina
13. Juni 2019
Ich finde es überhaupt nicht gut das man die Einheimischen dort auch noch stören muss.Es ist ja wohl genug Platz woanders.🤬 Ich liebe euer wunderschönes Land und begegne ihm jedes Jahr aufs neue mit viel Respekt .LG
Annika Senger
13. Juni 2019
Ganz genau! Ein deutsches Zeltlager für Jugendliche hat auf dieser Insel nichts zu suchen.
24. Juni 2019
1/4 der insel ist seit 25 Jahrer ein permanenter internationaler pfadfinderlagerplatz, der von teams unentgeltlich gepflegt wird. https://m.facebook.com › Internatio... International Sea Scout Centre "Island of Veruda" - Home | Facebook
16. August 2019
Ich denke Ihr seid irgendwie nicht richtig informiert. Schon vor über 50 Jahren gab es auf der Insel Fraterski Ottok Zeltlager für deutsche und damals noch jugoslawische Jugendliche. Angefangen hat es mit der Freundschaft des SV Preußen 07 Lünen und wenn ich mich recht erinnere einem Sportverein aus Pula. Der SV Preußen 07 Lünen und die Stadt Lünen haben in den Sommerferien immer dieses Zeltlager angeboten (jeweils 3 Wochen die Stadt und 3 Wochen der Verein) Ich war selbst drei Mal dabei. Zu der Zeit war die Insel noch von einem älteren Ehepaar (Oma und Opa) sowie deren Sohn Stanko bewohnt. Es kam auch jedes Jahr eine Jugendgruppe aus Zagreb. Auch gab es in einem Jahr dort ein Tauchercamp und vieles mehr. Gekocht wurde in der alten Kirche und im Freien wurde gegessen. Mit dem Wasser musste sparsam umgegangen werden, da es aus einer Zisterne von Hand hochgepumpt wurde. Bei Wassermangel haben wir sehnsüchtig auf das Wasserschiff gewartet. Strom gab es nicht und für die Toiletten wurde jeden Morgen vom Meer aus Wasser getragen, eine lange Menschenschlange und die vollen Eimer wurden immer weitergereicht. Manchmal wurde daraus auch eine Wasserschlacht. Mit den Einheimischen haben wir uns immer sehr gut verstanden und Niemand hat uns als Eindringling gesehen.
Annika Senger
16. August 2019
Danke für die interessanten Informationen. Das wusste ich tatsächlich nicht.
Mario S.
29. Dezember 2019
Da kann ich T.W. zu 100 % zustimmen. Ich war selber mit Preußen 07 Lünen zwei Mal dort, die Zeit die wir da mit den Einheimischen und auch Gruppen aus dem damaligen Jugoslawien verbracht haben waren traumhaft. Ich selber denke heute noch mit bald 56 Jahren, gerne mit viel Schmunzeln an diese wunderbare Zeit zurück.
Günter Partsch
29. Juli 2023
Denke, es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob ich auf der Insel "deutsch-kroatische Freundschaft" praktiziere, so wie z.B. Preußen 07, oder ob man die Insel als "preiswerten" Ort auserwählt, um damit den Kohle verdienen zu wollen, in dem man deutschen Jugendgruppen ein RTL-Insel Klischee vorgaukelt und diese dort hin fährt. Für touristische Aktivitäten gibt es genügend andere Plätze in Kroatien - da muss man nicht auch noch solche Rückzugsorte okkupieren...

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