Danko Rabrenović: Herzlich willkommenčić

Herzlich willkommencic von Danko Rabrenovic

Das Buch Herzlich willkommencic von Danko Rabrenović fiel mir diesen Sommer durch einen Zufall in die Hände: Meine neue Freundin Heike, die ich im Juni im Kroatien-Urlaub kennenlernen durfte, meinte, ich müsste es unbedingt lesen.

In der Tat – ich habe Herzlich willkommencic verschlungen. Mit seinem persönlichen, humorvollen Schreibstil gelingt es dem Düsseldorfer Autor, Musiker und Radiomoderator, mich sofort auf den ersten Seiten und dann bis zum letzten Wort des Buches zu fesseln.

HERZLICH WILLKOMMENCIC: AUTOBIOGRAFISCHE GESCHICHTEN

Der Sohn einer Kroatin und eines Serben tischt seinen Lesern eine Sammlung von autobiografischen Geschichten auf. „Wen interessieren denn Alltagsgeschichten?“, mag man sich vor der Lektüre von Herzlich willkommenčić fragen.

Anhand von Geschichten aus dem Leben ganz „normaler“ Menschen in Kroatien, Serbien und Deutschland beleuchtet Danko Rabrenović den Alltag zwischen den Welten.

Der 1969 geborene Autor kam kurz vor dem Ausbruch des Jugoslawien-Krieges zu seiner Tante nach Recklinghausen, um vor der Einberufung in die jugoslawische Armee zu fliehen. Dass das Vielvölker-Konstrukt Jugoslawien gescheitert ist, hat er zähneknirschend akzeptiert. Krieg und Blutvergießen hätten jedoch um jeden Preis verhindert werden müssen.

Verbittert, verzweifelt und wütend auf die ganze Welt war Danko Rabrenović als 22-Jähriger gezwungen, noch einmal bei Null anzufangen und mit anzusehen, wie seine Heimat auseinanderbrach. In Belgrad hatte der Sprössling eines etablierten Journalisten-Paares bereits erste Erfolge als Musiker gefeiert. Im deutschen Exil standen dann regelmäßige Besuche bei der Ausländerbehörde, eine fremde Kultur und das Erlernen einer neuen Sprache auf der Tagesordnung.

DER BALKAN IST EINE SCHWERE KOST

Die Geschichten in Herzlich willkommenčić spielen in Nordrhein-Westfalen, Zagreb, Belgrad und einer kleinen Insel in der Adria – ein Geheimtipp, den Danko Rabrenović vor Touristenströmen bewahren möchte. Zagreb, Belgrad und die kroatische Insel bezeichnet er als sein persönliches „Balkandreieck“, wohin er heute zwei bis drei Male im Jahr zurückkehrt.

Der Balkan. „Wo ist das? Was ist das?“, fragt er sich im ersten Kapitel und kommt zu dem Schluss, dass die Halbinsel im Südosten Europas schwere Kost sei. Allein im 20. Jahrhundert wüteten dort mehrere Kriege. „Irgendwie will keiner etwas mit dieser Gegend zu tun haben. Sie gilt als wild, chaotisch, barbarisch, primitiv, schmutzig, verrückt und gefährlich zugleich. Vielleicht hat sie gerade deswegen schon immer einen großen Reiz ausgeübt“, analysiert Danko Rabrenović das allgemeine Balkan-Bild.

Erst in Deutschland wird ihm mit Blick in die Ferne die Einzigartigkeit des Balkans bewusst: der herzliche Zusammenhalt von Nachbarn in großen Mietshäusern, der Balkan-Humor oder die Klapa-Musik in Dalmatien. Um seine kulturelle Identität kreisen sämtliche Geschichten in Herzlich willkommencic. So schlägt er schließlich Brücken zwischen Düsseldorf, Köln, Zagreb, Belgrad und der Adria.

GEGENSÄTZE ZWISCHEN DEUTSCHLAND UND DEM BALKAN

Danko Rabrenović macht es Spaß, die Gegensätze zwischen Deutschen und „Balkanesen“ aufs Korn zu nehmen. Hierzulande wird ihm bewusst: Deutsche fluchen anal, Balkanesen genital. Auf dem Balkan gehört es zum „guten Ton“, oft und viel zu schimpfen und die serbokroatischen Fluchparolen mit dem Verb jebati zu schmücken. Auf Deutsch beginnt dieses Wort mit dem Buchstaben F.

Der Autor erkennt auch, dass deutsche Komiker überhaupt nicht witzig sind und manche mit ihren Flachwitzen trotzdem Stadien füllen.

Derweil sinniert er über deutsche Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit versus Nema problema-Mentalität des kroatischen Handwerkers Mario, der für seine schlampige Arbeit auf der geheimen Adria-Insel berüchtigt ist.

In seiner Kindheit in Belgrad war es im Übrigen gang und gäbe und selbstverständlich, sich unter Nachbarn mit Milch und anderen Lebensmitteln auszuhelfen, in Deutschland sind das Individuum und die Privatsphäre heilig. Diese und andere Gegensätze zwischen der alten und der neuen Heimat beschreibt Danko Rabrenović immer mit einem Augenzwinkern, ohne sie zu verurteilen.

Im Laufe der Jahre hat er gelernt, beide Kulturen in sein Leben zu integrieren und sie mit ihren speziellen Eigenarten zu schätzen. Deutsche Leser bekommen in Herzlich willkommencic einen Spiegel von außen vorgehalten und erfahren gleichzeitig, wie Jugos ticken. Für Kroatien-Fans ist das Buch also ein Muss! (as)

Titelbild: privat

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Autor

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Annika Senger
Annika Senger ist Gründerin und Chefredakteurin des Reise- und Kulturportals Kroatien-Liebe. Die passionierte Bloggerin und Reisevermittlerin interessiert sich für Reisen, Musik, Literatur, Sprachen, Kochen und Fotografie.
Adresse: Berlin, Deutschland

Kommentare

14. September 2016
Ich finde deine Seite ganz toll und die Art wie du schreibst einzigartig - so persönlich, dass ich einfach nie anders kann, als ALLES zu lesen und dann wieder mal erkenne. Es hat sich gelohnt! HEITER WEITER! Belinda
Annika Senger
14. September 2016
Danke für das Lob! Heiter weiter!

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