Imotski am Blauen und Roten See

Blauer See von Imotski

Für viele Urlauber in Mitteldalmatien ist am Fuße des Biokovo-Gebirges die Welt zu Ende. Zumindest der Kosmos ihrer Reise, bei der das Meer im Mittelpunkt steht. Hinter dem Bergmassiv liegt die Kleinstadt Imotski, an deren Rande zwei zauberhafte Gewässer eingekesselt sind: der Blaue und der Rote See.

Nachdem ich eine entspannte Tages-Kreuzfahrt per Fähre gemacht habe, führt mein Weg weiter in den Ort, dessen veralteter deutscher Name Eimot lautet. Der Bus aus Split stoppt plötzlich in der Nähe der Maut-Station bei Zagvozd und alle Imotski-Passagiere müssen in einen Kleinbus umsteigen. Für mich eine Überraschung, die mir mein Online-Ticket von BusCroatia nicht angekündigt hat. Zum Glück reagiere ich schnell und lande eine halbe Stunde später nach etwa 80 Kilometern Fahrt auf einem dunklen Busbahnhof.

Imotski sei abends sehr spärlich beleuchtet, sagt mir meine Gastgeberin, die mich mit dem Auto abholt. Noch lange nicht so düster wie das südniedersächsische Dorf, aus dem ich stamme. Das behalte ich für mich und erspähe bei dem kurzen Transfer zum Apartment eine deutsche Drogerie-Kette, eine Bäckerei und ein Einkaufszentrum. Viel mehr sieht man nicht von meinem Reiseziel, das 30 Kilometer von der Adria und sieben Kilometer von der bosnischen Grenze entfernt ist.

Imotski liebt Mercedes

Mein kroatischer Kumpel Željko hat mir vor meiner Ankunft verraten: “Die Leute da lieben Mercedes. Sie haben sich sogar ein Mercedes-Denkmal gebaut.” Er, der selbst einen alten Schlitten dieser Marke fährt, soll Recht behalten. Gefühlt jedes zweite Auto, das mir entgegenkommt oder am Straßenrand parkt, ist ein Mercedes. Nicht unbedingt das neueste Modell, aber ein fahrbarer Untersatz aus dem Hause Daimler-Benz.

Roter See, Kroatien
Roter See von Imotski, Foto: Kroatien-Liebe

Fruchtbares Imotsko Polje

Am nächsten Morgen weckt mich die Sonne, die über den grünen Hügeln in der Umgebung aufgeht. Imotski wurde in einer fruchtbaren Tal-Ebene errichtet, dem Imotsko Polje (zu Deutsch: Imotskier Feld). Die Landschaft wirkt ländlich idyllisch. In der Ferne hinter dem Grün der Hügel erheben sich massive Gebirgsketten.

Damit Fußgänger die zahlreichen Höhenunterschiede im alten Stadtkern überwinden können, gibt es immer wieder Steintreppen. Skale, wie echte Dalmatiner zu sagen pflegen. Diese dalmatinische Stadt voller malerischer Steinhäuser unterscheidet sich nur in zwei Punkten von denen an der Küste: Erstens braucht man ein Auto (zum Beispiel einen Mercedes), um ans Meer zu gelangen. Zweitens ist man fast nur von Einheimischen umgeben.

Spiegelsee statt Blauer See von Imotski

Am Morgen mache ich einen Spaziergang zum Blauen See (kroatisch: Modro Jezero). Er befindet sich am Stadtrand in einem Karstkrater, dessen Felsen 400 bis 900 Meter in die Höhe ragen. Nachdem ich 30 Kuna Eintritt gezahlt habe, darf ich den bequemen Serpentinen-Schotterweg zum See hinabsteigen.

Aber wo ist der bloß? Oben an einem Aussichtspunkt lässt sich nur eine Pfütze erahnen! Ich habe doch Badesachen eingepackt und würde gerne für eine Abkühlung hineinschlüpfen.

Blauer See, Kroatien
Entspannung am Blauen See, Foto: Kroatien-Liebe

Ein paar Kurven weiter zeigt sich eine glasklare Wasserfläche, auf der sich die Felsen in all ihren Farben spiegeln. Spiegelsee statt Blauer See, denke ich. Und Teich statt See, denn der Wasserstand ist bei meinem Besuch Ende September sehr niedrig. Gut gefüllt soll der Blaue See von Imotski eine Tiefe von bis zu 100 Metern haben. Er kann aber auch komplett austrocknen und dann wird auf dem Grund traditionell ein Fußballspiel veranstaltet.

Ich bin froh, immerhin diese magischen Spiegelungen bewundern und fotografieren zu dürfen. Unten am Ufer fläze ich mich auf einen Felsen und fixiere den See minutenlang. Irgendwann verfalle ich in einen meditativen Zustand, der ein reinigendes Lüftchen durch meine Gedankenwelt pustet.

Vor anderen kroatischen Naturwundern wie den Krka Wasserfällen und den Plitvicer Seen eine Unmöglichkeit! Overtourism hat dieses Fleckchen Erde noch nicht erreicht und beim Schreiben frage ich mich gerade, ob ich diesen Blogartikel wirklich veröffentlichen soll …

Ruinen der Burg Topana

Oben am Rand des Einsturztrichters wartet noch eine architektonische Sehenswürdigkeit: die Ruinen der ehemaligen Osmanen-Burg Topana, die schon im 10. Jahrhundert in einer byzantinischen Schrift erwähnt wurde. Auf dem Mauerwerk hat man einen fantastischen Blick über die Stadt und das Imotsko Polje. Auf dem Weg dorthin passiert man die 1718 nach dem Abzug der Türken erbaute Kirche der Heiligen Madonna.

Kirche der Heiligen Madonna, Foto: Kroatien-Liebe

Der türkise Rote See

Meine Erkundung der Naturschönheiten rund um Imotski führt mich zirka anderthalb Kilometer weiter zum Roten See (Crveno Jezero). Rechts von der Landstraße stadtauswärts sausen meine Augen in eine der größten Einsturzdolinen der Welt. In dem über 500 Meter tiefen Trichter leuchtet eine türkise runde Wasserfläche. Rötlich ist nur das Karstgestein, das den See umzäunt.

Die Wände der Doline schießen so steil in die Höhe, dass sich nur professionelle Kletterer mit allerhand Seilen und Karabinerhaken einen sicheren Weg nach unten erarbeiten können. Jammerschade, die satte Farbe ist so verlockend. Ich würde gerne mit dem Körper in sie eintauchen.

Roter See bei Imotski
Roter See, Foto: Kroatien-Liebe

Rundwanderweg am Roten See

Mit einem einzigen Blick von der Straße gebe ich mich also schwer zufrieden. Dass ein Abstieg in die Tiefe ohne Kletter-Ausrüstung Selbstmord wäre, ist mir klar. Eine Wanderung um den Trichter überlebt man dagegen locker, wenn man sich an der Wegmarkierung (ein blauer Punkt in einem roten Ring) orientiert.

Von Punkt zu Punkt an den Bäumen bahne ich mir meinen Weg rund um den See und betrachte ihn dabei aus verschiedenen Perspektiven. Meine Augen versuchen immer wieder ins Wasser zu springen, schwimmen gehe ich aber erst wieder in der Adria. (as)

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Autor

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Annika Senger
Annika Senger ist Gründerin und Chefredakteurin des Reise- und Kulturportals Kroatien-Liebe. Die passionierte Bloggerin und Reisevermittlerin interessiert sich für Reisen, Musik, Literatur, Sprachen, Kochen und Fotografie.
Adresse: Berlin, Deutschland

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