Zwischen den Bäumen und Büschen ragen Ruinen von Steinhäusern hervor. „Die letzten Bewohner haben das Dorf vor über 50 Jahren verlassen“, erklärt Reiseleiter Ivo. Es gibt keine Straße, die durch den Wald nach Niska führt – nur einen Wanderweg, und der endet wenige Kilometer weiter im fast entvölkerten Beli. Die Zivilisation mit Computern, Internet und Cybbermobbing scheint sich hier oben zwischen den Bäumen auf einem anderen Planeten zu befinden. Das alltägliche Leben auf der Insel spielt sich heute in der Stadt Cres ab. Dort lässt sich auch das meiste Geld im Tourismus verdienen.
Verlassenes Dorf in Kroatien: Ruinen
Durch einen halb zugewachsenen Durchgang betrete ich Niska langsam und mit Vorsicht. Es herrscht Stolpergefahr: Auf dem Waldboden liegen Steine, heruntergefallene Balken und ein paar Ziegel der Häuserruinen herum. In einigen der alten Bauernhäuser ließe sich nach einer Komplettsanierung bestimmt noch leben, wenn die Infrastruktur es zuließe. Von anderen Behausungen stehen nur noch verwitterte, zur Hälfte eingestürzte Grundmauern.
In diesem Geisterdorf kann man erahnen, wie schnell sich die Natur wieder regeneriert, sobald die Menschen verschwunden sind. Aus der Stufe einer Steintreppe wächst ein Baum. Die Treppe wirkt ansonsten verwaist. Zwar gehört sie zu den Mauern einer Ruine, doch im Innern gibt es nichts mehr.
Die verwüsteten Innenräume in Niska
Ivo erzählt, dass man sich in manchen verlassenen Orten in Kroatien noch das Essgeschirr auf den Tischen anschauen könne. Die Bewohner von Niska haben beim Auszug aus ihren Häusern entweder all ihr Hab und Gut mitgenommen oder es wurde später von Plünderern entwendet.
Ein ausgeschlachtetes Bett ist das einzige Überbleibsel, das in einem Innenraum auf menschliches Leben hindeutet. Während ich einen fotografischen Rundgang durch das Dorf mache, frage ich mich, wie schwer oder leicht es den Bauern von Niska gefallen sein mag, ihre idyllische Heimat in den Tramontana Wäldern zu verlassen. Im Anbetracht der rauen Lebensbedingungen und des lockenden Fortschritts hatten sie vermutlich keine andere Wahl.
Ein rostiger Oldtimer auf der Wiese
Anscheinend besaß der eine oder andere Einwohner von Niska aber schon ein Auto. Auf einer Wiese im Schatten der Bäume verrottet ein Peugeot, der aus der Zeit der Landflucht in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts stammen könnte. Die Nummernschilder sind abmontiert. Von seinen Besitzern vergessen oder absichtlich dort gelassen dokumentiert der rostige Oldtimer seinen eigenen Teil der Geschichte von Niska.
In unmittelbarer Nähe stehen zwei klapprige Wohnwagen, in denen Vandalen gewütet haben müssen. Camping in diesen Wracks hätte den rauen Charme eines Bettes im Schlachtfeld. Vielleicht haben darin Hippies campiert, vielleicht auch Ex-Dorfbewohner in einem Anflug von Heimweh. Ich kann nur spekulieren. Ja, ein verlassenes Dorf in Kroatien gibt Rätsel auf! (as)
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